„Was ist ein gutes Bild“, über diese Frage haben wir schon ziemlich oft in unseren Kursen und Bildbesprechungen sinniert, diskutiert und verbal die Klinge gekreuzt. 

Ist man für sich am Bilder anschauen, in Büchern, an Ausstellungen, im Museum oder im ganz normalen, bilderüberfluteten Alltag, so erkennt man für sich schnell, was einem gefällt oder gut dünkt. Ist man aber in der Gruppe um über Bilder zu diskutieren, fällt schnell auf, dass die Empfindungen und Geschmäcker sehr verschieden sein können. Bilder, die einem gefallen, finden bei Anderen keinen Gefallen und umgekehrt. Versuche, sich gegenseitig zu überzeugen, verfangen meistens nicht. Man hat sein eigenes Bild vom guten Bild!

Einig ist man sich meistens in folgenden objektiven, formalen Kriterien, wie man den Bildinhalt präsentiert, um ein gutes Bild zu bekommen:
Die Schärfe sollte da sein, wo sie hingehört. Bei Portraits auf den Augen! Oder auf dem bildwichtigen Element.
Die Belichtung sollte richtig sein - die Helligkeit des Bildes sollte mit der eigenen Wahrnehmung übereinstimmen.
Die Bildgestaltung mit Drittelsregelung und goldener Schnitt - ähnlich der Malerei - empfinden die meisten Bildbetrachter als richtig und gut.
Weitere Punkte wie Perspektive, Diagonale, Form -und Farbkontrast, Repetitionen, usw...
helfen den Bildinhalt zu ordnen und ihn zu einem Bild zu formen.
Diese „Bildgestaltungsingredienzen“ können helfen, dasjenige was man vor sich hat, zu einem guten Bild zu ordnen. Aber wird aus einem guten Bild auch ein spannendes Bild, welches man immer wieder gerne anschaut, oder als Bild an der Wand hängen haben möchte?

Spannende Bilder sind für mich Bilder, die den „zweiten Blick“ fordern. An ihnen muss man zweimal vorbeigehen, um sie zu erfassen. Sie haben etwas, dass mehr ist als nur formale Bildgestaltung. Sie erzählen eine Geschichte, oder sind formal einfach anders fotografiert. Die Schärfe ist am falschen Ort, die Belichtung stimmt nicht, das Motiv ist radikal angeschnitten, oder der Bildinhalt ist schlicht gigantisch. Meine Erfahrung mit spannenden Bildern ist die - man fotografiert sie seltener als gute Bilder!
Gute Bilder, nach allen Regeln der Bildgestaltung fotografiert, und die Technik der Kamera sauber eingesetzt, bekommt man meistens immer. Spannende Bilder sind seltene Gäste!

In unseren Kursen ist es mir wichtig, dass die Teilnehmer die Grundlagen der Fotografie verstehen. Die Kameratechnik ist wichtig, aber ohne die formale Bildgestaltung ist die Kameratechnik nutzlos. Was hilft es mir, wenn ich die Kamera bis in die hinterste Funktion auswendig kenne, aber das Motiv immer in der Mitte platziere?
Die Technik ist dazu da, um den Moment einzufangen. Die Technik (man braucht meist nur etwa 5 - 10% der verfügbaren Funktionen der Kamera) ist erlernbar, ebenso die Bildgestaltung.
Weit wichtiger sind aber Faktoren wie Geduld, Hartnäckigkeit, Neugierde und den Mut Neues auszuprobieren - fotografische Alternativen zu versuchen.
Das sind die Triebfedern von spannenden Bildern! Anders gesagt: den Mut aufzubringen den eigenen Zaun der Bildempfindung niederzureissen und Neues auszuprobieren - auch das ist ein Ziel in unseren Kursen!
Ich verwende im Zusammenhang mit unseren Kursen, oft die Begriffe spielen und ausprobieren. Wer nicht spielt und ausprobiert macht keine Fehler. Und wer keine Fehler macht, bleibt an Ort stehen.
Auch Profifotografen machen Fehler, spielen und probieren aus. Und vor allem sie machen mehr Bilder - nicht kopflos drauflos knipsend - aber wenn sie ein spannendes Bild „riechen“ oder sehen, machen sie mehr Bilder!
Sie gehen mit Geduld und Hartnäckigkeit an ein Thema, und wenn ihnen auch noch das Glück hold ist im richtigen Moment auszulösen - dann haben sie das spannende Bild!

Empfohlen sei hier das Buch Magnum Contact Sheets von Schirmer Mosel (ISBN 978-3-8296-0550-2).
Schön zu sehen wie weltbekannte Fotografen auch nur mit Wasser kochen!

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