Tilman Jentzsch ist Fujifilm X-Fotograf und hatte die Möglichkeit, ein Vorserienmodell, der neuen Fujifilm X-T3 zu testen. Seinen ersten Erfahrungsbericht findest Du hier:

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Die Fujifilm X-T3 war nicht wirklich auf meinem Radar, als die ersten Gerüchte im Internet aufkamen. Anfangs sah es für mich nur nach einer kleinen Verbesserung gegenüber dem X-T2 aus. Ich habe dann versucht, alle Informationen über die neue Kamera im Auge zu behalten. Dabei habe ich mich jedoch mehr auf die neuen XF-Objektive konzentriert, die diesen Sommer vorgestellt werden sollten. Ich wusste nicht, wie schnell es sich ändern würde...

Anfang August kontaktierte mich Fujifilm Schweiz und fragte mich, ob ich Interesse hätte, ein Vorproduktions-Modell der X-T3 zu testen, da es zu meinem Schwerpunkt, Musikfotografie, passen würde. Natürlich konnte ich nicht "nein" sagen und ich wurde neugierig, ob die neue Kamera vielleicht doch mehr zu bieten hatte.

Ich fing an, alle Gerüchte noch einmal durchzugehen und prüfte, ob ich etwas verpasst hatte, aber zu diesem Zeitpunkt gab es nur ziemlich vage Informationen. Nach einem ersten Briefing am Telefon mit Fujifilm, sprachen sie viel über den verbesserten Autofokus, was natürlich immer ein willkommenes Upgrade ist. Andererseits war auch der Autofokus der X-T2 nach mehreren Firmware-Updates nicht mehr so langsam und durchaus akzeptabel. Ich konnte es dann kaum noch erwarten, dieses neue Modell endlich in den Händen zu halten und es auszuprobieren...

Am 16. August, wenige Stunden bevor ich das Justin Timberlake Konzert in Zürich fotografieren durfte, traf ich mich mit Fujifilm, wo mir ein brandneues, silbernes (!) Vorproduktionsmodell der X-T3 überreicht wurde. Silber (Graphit) war schon immer meine Lieblingsfarbe für die T-Serie und jetzt hatte ich wieder so ein Modell, wenn auch nur vorübergehend.

Gehäuse und Design

Ein neues Kameramodell nur wenige Stunden vor einem wichtigen Shooting zu bekommen, kann eine Herausforderung sein, wenn man die Kameradetails kennenlernen will. Aber mit der Fujifilm X-T3 war es etwas anders. Zuerst sprechen wir über die T-Serie im Allgemeinen. Und da ich schon die X-T1 und X-T2 hatte, war ich sofort mit ihr vertraut, zumal die X-T3 von außen nicht viel anders ist als die X-T2. Der Unterschied liegt wirklich im Inneren, aber dazu kommen wir später. Das Gesamtdesign, das Tasten- und Rad-Layout sind mehr oder weniger identisch mit dem des Vorgängers.

Es gibt kleinere "kosmetische" Anpassungen im Vergleich zur X-T2. Der etwas größere Daumengriff auf der Rückseite ist ein spürbarer Unterschied, der sofort auffällt. Außerdem ist das Rad der Belichtungskorrektur etwas kleiner und etwas weiter weg vom Rand der Kamera. Zudem dreht sich das Rad nicht mehr so leicht, wodurch das Risiko eines versehentlichen Verstellens der Einstellungen minimiert wird. Eine große Verbesserung ist der Dioptrienknopf, der jetzt wie die Krone einer Uhr funktioniert. Man muss ihn erst herausziehen, bevor man etwas ändern kann und dann wieder zurückschieben. Vorbei sind die Zeiten eines verschwommenen Suchers, da sich das Rad von selbst drehte, als die Kamera in der Tasche war. Ausserdem stellt man beim Bedienen fest, dass die Einstellräder stabiler sind und der Input direkter ist als bei der X-T2, da die Fujifilm X-T3 diese Eigenschaften von der Fujifilm  X-H1 geerbt hat.

Wenn man wie ich ein Fan des Batteriegriffs ist, gibt es ebenfalls eine weitere nette Verbesserung. Der vordere Griff ist jetzt etwas breiter und bietet besseren Halt und Stabilisierung, besonders wenn man einige der längeren Objektive verwendet, ganz zu schweigen vom neuen XF 200mm f/2. Der Griff verfügt über den Auslöser, Fokus-Taste, AE-L-Taste, AF-L-Taste, Q-Taste und Fn-Taste, um das gleiche Maß an exzellenter Bedienbarkeit in der vertikalen Aufnahme zu bieten, wie im horizontalen Betrieb. Auf der anderen Seite benötigt man mit der X-T3 keinen Batteriegriff mehr, um die 11 Bilder pro Sekunde bei Serienaufnahmen mit dem mechanischen Verschluss zu erreichen.

Insgesamt beginnt hier die Evolution der Fujifilm X-T3 im Vergleich zur X-T2. Und selbst wenn man "nur" eine Fujifilm X-T1 hatte, wird man mit dem neuen Flaggschiff sofort vertraut sein. Aber wie gesagt, die wirklichen Verbesserungen befinden sich im Inneren der X-T3.

Leistung

Fujifilm hat mit der X-T3 mit ihrem neuen Prozessor und Sensor einen richtigen Leistungsschub erzielt. Dieser Schub kommt vom neuen X-Trans CMOS 4 Sensor und dem X-Processor 4 Bildverarbeitungs-Engine. Was das aus praktischer Sicht bedeutet, werde ich versuchen zu erklären:

Beginnen wir mit dem Autofokus. Ich war sehr überrascht, als Fujifilm mir sagte, dass der Autofokus eine der Hauptverbesserungen bei der X-T3 sei, bis ich ihn selbst erleben durfte. Mittlerweile war ich es gewohnt, dass meine beiden Hauptzoomobjektive XF 16-55mm und XF 50-140mm mit der X-T2 ziemlich schnell fokussieren und dass andere Objektive etwas langsamer sind, insbesondere eines meiner Lieblingsobjektive, das XF 35 mm f/1.4. Beim Einsatz dieses Objektivs an der X-T3 (man bedenke, dass es nur ein Vorserienmodell ohne finale Firmware war) gab es einen deutlichen Geschwindigkeitsschub. Selbst wenn der Pre-AF nicht aktiviert war, gab es kein Jagen mehr und man konnte einfach fokussieren und das Motiv wechseln. Bei all den X-Kameras, die ich bisher verwendet hatte, war der AF mit diesem Objektiv noch nie so schnell. Die Verbesserung ist aber nicht nur bei diesem Objektiv spürbar. Da ich beim Justin Timberlake Konzert das XF 100-400mm verwenden wollte (die Entfernung zum Künstler lag zwischen 30 und 40 Metern), habe ich es für den größten Teil des Konzertes bei 400mm mit f/5.6 in einer eher dunklen Umgebung verwendet. Auch in dieser Situation war der Autofokus sehr schnell, zuverlässig und auf den Punkt genau. Fujifilm erklärt, dass dies durch die verbesserte AF-Leistung erreicht wird, die im Vergleich zur X-T2 eine 1,5-fach höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit aufweist.  

Kleine Nebenbemerkung: Leider kann ich die Bilder vom Justin Timberlake Konzert aus rechtlichen Gründen nicht hier posten, aber ihr könnt sie auf usgang.ch sehen.

Bei Serienaufnahmen mit hoher Bildrate (maximal 20 Bilder/s mit dem elektronischen Verschluss) gibt es keinen Blackout mehr, so dass man das Motiv im Sucher gut verfolgen kann und z.B. keine abgeschnittenen Körperteile hat, da man das Motiv klar im Auge behält. Es ist nicht so wichtig für meine Motive, aber jeder Sport- und Naturfotograf wird davon sehr begeistert sein.

Ein Punkt, über den ich mich sehr freue, ist der verbesserte Phasen-AF mit maximal 425 Punkten über den gesamten Sensor. Mit dem AF-Joystick navigiert man einfach über alle Punkte und hat Punkt für Punkt den gleichen und schnellen AF. Unabhängig davon, ob man einen einzelnen Punkt oder eine Gruppe von Punkten auswählt. Bei der Fujifilm X-T2 war der Phasen AF auf die Mitte des Sensors begrenzt. Technisch gesehen ergibt sich diese Verbesserung aus der 4-fachen Anzahl an Phasendetektionspixeln im Vergleich zur X-T2. Dies hat auch den oben erwähnten positiven Nebeneffekt, dass der Schwachlicht (low-light) Autofokus um 2 Stufen erweitert wurde.

Eine letzte Sache auf der Leistungsseite sind die JPEG-Dateien direkt aus der Kamera. Das war eher ein subjektives Gefühl von meiner Seite, als ich mit den Dateien arbeitete. Sie rauschten aber nicht nur bei hohen ISO-Werten weniger, sondern waren auch schärfer (ich habe keine Schärfen bei den Bildeinstellungen verwendet, sie war auf "0" gesetzt). Dank des verbesserten Dynamikumfanges konnte ich Dateien, die 2 bis 3 Stopps zu dunkel waren, problemlos korrigieren.

Insgesamt ist das Leistungsupdate der X-T3 für jeden, der die Kamera benutzt, sofort spürbar. Leider können wir nicht erwarten, dieses mit einem einfachen Firmware-Update auf alle Vorgängermodelle geladen werden kann.

Batterie

Zum Abschluss wollte ich noch ein paar Worte zur Akkulaufzeit sagen. Ich habe das Gefühl, dass sich diese sich im Vergleich zur X-T2 ebenfalls verbessert hat. Während die Akkulaufzeit beim  Vorgänger sicherlich nicht schlecht war, denke ich, dass ich mit der Fujifilm X-T3 noch mehr Bilder aus einer Batterie «herausbekommen» habe. Mit diesem Vorproduktions-Modell habe ich etwas mehr als 1000 Bilder aufgenommen (im Normalmodus nicht im Performance-Modus) und lediglich den ersten Akku im Batteriegriff geleert. Diese Batterien wurden bereits in meinen vorherigen Kameras verwendet und waren weit entfernt von neuwertig. Neben all den "Performance"-Verbesserungen ist diese Entwicklung wirklich eine, auf die ich mich freue, wenn ich anfangen kann, meine eigene X-T3 auf Herz und Nieren zu prüfen....

Zusammenfassung

Alles in allem bin ich sehr glücklich darüber, was Fujifilm mit seinem neuen Flaggschiff erreicht hat. Leider hatte ich nicht allzu viel Zeit zum Testen (ich weiß, diese Zeit ist immer zu kurz), aber ich kann ehrlich sagen, dass ich von der X-T3 positiv überrascht bin und mich freue, sie in meine Kameratasche zu bekommen, sobald sie verfügbar sein wird (was um den 24. September herum sein sollte). Mit der Fujifilm X-T3 erhält man eine leistungsstarke Kamera, die definitiv mit einer DSLR in der gleichen Reichweite konkurrieren kann.

Zu guter Letzt noch ein kleiner Disclaimer am Ende. Ich bin offizieller Fujifilm X-Fotograf, wie Fujifilm seine Markenbotschafter nennt. Dieser Review basiert auf meiner eigenen Meinung und ist nicht mit Fujifilm abgestimmt. Das sollte man bedenken, nachdem man die obigen Zeilen gelesen hat.

Und da Bilder mehr als Worte sagen können, sind hier noch einige Aufnahmen, die ich am ersten Tag des diesjährigen Zürich Openairs gemacht habe. Alle diese Bilder wurden mit einem Vorproduktions-Modell der X-T3 aufgenommen, ohne finale Firmware. Die JPEGs wurden in der Belichtung nur minimal in Adobe Lightroom korrigiert.

Til Jentzsch: blickwechselfotografie.ch
Instagram:@blickwechsel

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