Sandro Georgi ist offizieller Fujifilm X-Photographer und ein wunderbarer Geschichtenerzähler. 
In seinen Reportagen portraitiert er Menschen und deren Umgebung so authentisch, dass man das Gefühl hat, mitten drin zu sein.
Die neue Fujifilm GFX 50R durfte er in einem Vorserienmodell testen. Dafür hat er sich nach Bangkok aufgemacht, um die Stadt währen der Monsun-Zeit zu fotografieren. 
Den ausführlichen Testbericht zur Fujifilm GFX 50R liest Du hier.

Zur Kamera im Onlineshop 

Ich fotografiere seit gut einem Jahr mit der Fujifilm GFX 50S und mag besonders die Abbildungsqualität der Kamera. Für meine Arbeit bevorzuge ich Kameras, welche den Sucher oben links haben und so das linke Auge nicht bedekt wird. Ich hatte mir schon länger eine GFX 50S als rangefinder-style Kamera gewünscht und habe mich entsprechend gefreut, als ich von Fuijfilm die Nachricht erhalten habe, dass mit der GFX 50R so eine Kamera unterwegs ist und ich ein Vorserienmodell testen kann. Als offizieller Fujifilm X-Photographer und Markenbotschafter habe ich die Gelegenheit, immer mal wieder neues Material zu testen. Ich werde von Fujifilm für Reviews wie dieses weder bezahlt noch aufgefordert, gewisse Dinge zu verschweigen oder zu beschönigen. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass die Bildqualität und das Verhalten der Vorserien-Kamera u.U. noch nicht in allen Bereichen der finalen Kamera entsprechen und die Bilder alle JPGs direkt aus der Kamera (mit einzelnen minimalen Anpassungen in Bezug auf Kontrast, Lichter und Schatten) sind. 

Während der Monsun-Saison kommt es immer wieder zu grösseren Überflutungen der Strassen in Bangkok. Die Ursachen können auf die Städtebauplanung und weitere andere Faktoren zurückgeführt werden. Ich hatte Mitte September die Gelegenheit, mit der neuen GFX 50R nach Bangkok zu reisen und die Kamera unter den realen Bedingungen einer Reportage zu testen. Ich hatte zwar eine GFX 50S als Ersatz/Reserve mit dabei, diese aber nie aus dem Rucksack genommen. 

Bei einer Kamera sind für mich die Abbildungsleistung und wie gut sie sich für meine Arbeitsweise eignet wichtig. Ich interessiere mich weniger für die technischen Details, die auf der Webseite von Fujifilm gerne nachgelesen werden können.

Das Herz der Kamera: Der Sensor, der Prozessor und der Sucher

Das «R» in der Typenbezeichnung der GFX 50R steht für «rangefinder», wobei die GFX 50R eine sogenannte rangefinder-style Kamera ist. Ein «rangefinder» bezeichnet eigentlich einen Mechanismus zum Fokussieren/Messen von Distanzen, wobei Kameras mit dieser Technik den Sucher typischerweise oben links angeordnet haben. Da die GFX 50R (wie auch die X-Pro- und X100-Serie von Fujifilm) einen elektronischen Fokus verwendet aber den Sucher oben links hat, nennt sich die Kamera eben rangefinder-style. Die GFX 50R verfügt über einen elektronischen Sucher ohne den optischen Sucher, welchen die X-Pro- und X100-Kameras zusätzlich noch integriert haben.

Die GFX 50R verfügt über den gleichen 43.8 x 32.9mm CMOS-Sensor, mit 51.4 Megapixel und X-Prozessor Pro, wie die GFX 50S. Die Bildqualität ist fantastisch und man hat bei den Aufnahmen oft den Eindruck, dass man direkt hineinsteigen könnte, so plastisch wirken die Motive. Der Mittelformatsensor verfügt, im Vergleich zum Vollformat, über viel mehr Spielraum bei der Bearbeitung, während die Farben und der Kontrastverlauf mehr Tiefe aufweisen und satter wirken. Dies ist auch der Look der 50S, der mir von Anfang an sehr gut gefallen hat und der Grund, warum ich die Kamera so gerne nutze. Wie auch bei der 50S verfügt die 50R über die üblichen Fujifilm Filmsimulationen inkl. Acros aber ohne Eterna, und es kann die gleiche Vielfalt an Bildformaten (wie 4:3, 3:2, 16:9, 1:1, 65:24, 5:4, 7:6) eingestellt werden.

Der Autofokus konnte leicht verbessert werden und man wählt zwischen 117 und 425 Autofokuspunkten. Arbeiten kann man entweder mit Einzelfokus, Zonenfokus oder im Tracking-Modus.

Ein Blick auf das Layout der Kamera

Auf den ersten Blick sieht die GFX 50R gar nicht so klein aus und ist es auch nicht. Im Vergleich zur GFX 50S hat sie einen deutlich kleineren Griff, keinen abnehmbaren Sucher und hat den grossen Überhang hinten, in dem sich u.A. die Batterie befindet, verloren. Damit ist die Kamera etwas weniger hoch und deutlich dünner bei ungefähr gleicher Breite. Wenn man sie aber in die Hand nimmt zum Fotografieren, fühlt sie sich gar nicht gross an: sie ist mit den Festbrennweiten schön ausbalanciert und nicht so sperrig. Das Gewicht «meines» Vorserienmodells lag inkl. Batterie bei 797 Gramm, womit sie gegenüber meiner eigenen GFX 156 Gram weniger auf die (gute alte Küchen-) Waage bringt .

Oben auf der GFX 50R befinden sich nur noch der Auslöser, je ein Einstellrad für die Belichtungskorrektur (!) und die Verschlusszeit, der Einschaltknopf (nicht mehr zusammen mit dem Auslöser) und ein frei belegbares weiteres Einstellrad, welches um den Auslöser liegt. Auf das zweite Display der GFX 50S oben auf der Kamera wurde ebenso verzichtet wie auf ein eigenes Einstellrad für die ISO-Werte. Dafür kann das frei belegbare Einstellrad beim Auslöser u.A. dazu verwendet werden, Empfindlichkeit einzustellen. Ich hatte dies für mich so belegt und konnte damit extrem schnell die wichtigsten Einstellungen von Hand vornehmen, ohne ein Menu aufrufen zu müssen. 

Vorne an der Kamera befindet sich ein frei belegbarer Knopf, sowie der Anschluss für ein Blitzkabel. Der Hebel zur Auswahl des Fokusmodus (einzeln, kontinuierlich, manuell) ist auf die Kamerarückseite verschoben worden. Auf der linken Seite befinden sich ein Kopfhöreranschluss/Anschluss für den Fernauslöser und das Dioptrieneinstellrad, das neu eingerastet werden kann wie bei der X-T3 (womit es sich nicht mehr so einfach verstellen lässt!). Auf der rechten Seite befinden sich zwei SD-Karten Slots und ein HDMI micro Anschluss (Typ D). Die Batterie (die gleiche wie bei der GFX 50S) wird unten an der Kamera eingesetzt, wo sich auch ein USB-C Anschluss sowie ein 15V DC IN Anschluss befinden. 

Auf der Rückseite der Kamera befinden sich ein klappbarer LCD Monitor, der Menu- und Wiedergabeknopf, der Joystick, der Q-Knopf sowie weitere frei belebgare Knöpfe. Die vier im Kreis angeordneten Einstellknöpfe wurde entfernt, wobei die Funktionen durch Wischgesten von dem Touch-Screen übernommen werden. Wie bereits erwähnt, befindet sich der Einstellhebel für den Fokusmodus neu auch auf der Rückseite der Kamera, was für mich persönlich eine sehr gute Änderung ist.

Das Layout der GFX 50R kommt mir, bzw. meiner Art mit einer Kamera zu arbeiten, enorm entgegen und gefällt mir deutlich besser, als dasjenige der GFX 50S. Ich kann die Knöpfe und Einstellräder der Kamera so belegen, dass ich alle wichtigen Funktionen mit der rechten Hand problemlos sogar während dem Fotografieren erreichen kann und die Kamera dazu nicht herunternehmen muss. Somit kann ich sehr schnell wichtige Einstellungen ändern und die Handhabung der Kamera wird sehr intuitiv. Den Touchscreen nutze ich vor allem, um schnell durch die Bilder wischen und hineinzoomen zu können. Die Option, den Fokuspunkt setzen zu können, habe ich in der Regel deaktiviert. Beim Fotografieren im Hochformat ist es mir immer wieder passiert, dass ich den Punkt mit der Nase unbeabsichtigt verschoben habe (hatte bisher nicht das Gefühl, dass meine Nase so gross ist, aber wer weiss…).

Was ich nach wie vor nicht besonders mag, ist die Position des Q-Knopfes, den ich beim Herumtragen der Kamera immer mal wieder aus Versehen drücke. Das hintere Einstellrad dürfte einen Ticken weiter herausragen, um es ohne Probleme mit dem Daumen ganz hineindrücken zu können um z.B. den Fokuspunkt zu vergrössern.

Ich fotografiere meistens entweder mit dem 45mm f/2.8 R WR oder dem 63mm f/2.8 R WR Objektiv, mit denen die GFX 50R sehr schön ausbalanciert ist. Der Griff vorne an der Kamera ist für meine Bedürfnisse etwas zu klein und ich würde mir einen Adapter, wie es ihn für die X-Pro2 gibt (MHG-XPro2), wünschen. Für längere Brennweiten (110mm, 120mm, 250mm) und den Zoom habe ich zu wenig zum Greifen und mag, was das angeht, die GFX 50S deutlich besser. 

Keine Kamera ist je perfekt und es wird immer Details geben, die man sich anders wünscht. Im Fall der GFX 50R sind sie für mich klein genug, dass ich gut damit leben kann. Mit der Kamera zu arbeiten hat viel Freude gemacht und die Bedienung ist so intuitiv, dass ich mich bereits nach kurzer Zeit wie zu Hause gefühlt habe.

Fotografieren mit der Fujifilm GFX 50R

Ich habe die Kamera unter heissen und feuchten Bedingungen in der Monsunzeit in Bangkok, bei bis zu 35 Grad Celsius und Regen, verwendet. Der Spritzwasserschutz der Kamera hat dabei einwandfrei funktioniert und ich hatte nie Probleme mit der Feuchtigkeit oder der Wärme, selbst wenn ich mal wieder von sturzbachartigen Regenfällen heimgesucht wurde. Die GFX 50R habe ich gleich genutzt, wie ich auch die X-Pro2 einsetze: aus der Hand, ohne Stativ und auf der Strasse auf den Moment reagierend. Ich habe den Fokus nicht wissenschaftlich getestet, finde aber, dass er gegenüber der 50S schneller und präziser (auch bei wenig Licht) geworden ist. 

Wenn immer möglich, vermeide ich bei meiner Arbeit für Reportagen ein Stativ. Es ist mir zu umständlich und bremst mich zu stark ab, wenn sich vor mir eine Szene entwickelt und ich spontan darauf reagieren können will. Die GFX 50R ist für diese Art von Fotografie selbst als Mittelformatkamera absolut geeignet und hat sich sehr gut dabei bewährt. Im Unterschied zur X-Pro2 nutze ich einzig schnellere Verschlusszeiten, um aufgrund des grossen Sensors und der Anzahl an Megapixel Verwackelungen, die durch minimalste Handbewegungen verursacht werden, zu vermeiden. Mit allen Möglichkeiten zur individuellen Belegung der Knöpfe und Drehräder kann ich die Kamera so einstellen, dass ich alle für mich wichtigen Einstellungen während des Fotografierens mit der rechten Hand vornehmen kann. 

Wenn ich in einer Stadt fotografiere, gehe ich, wenn immer möglich, überall zu Fuss hin, was ich auch in Bangkok gemacht habe. Ich sehe dabei viel mehr, als wenn ich mit Metro, Skytrain oder Taxi unterwegs bin. Die GFX 50S kann ich mit ihrem grossen Griff bequem den ganzen Tag in der Hand halten, während ich den Griff der GFX 50R dazu etwas zu klein finde (ich hatte sie mir diagonal an einem Riemen umgehängt und damit das Problem gelöst). Ich bin bis zu 20 Kilometer am Tag gelaufen und hatte nie das Gefühl, dass die Kamera zu gross oder schwer dafür ist. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass die Kamera den Leuten besonders aufgefallen wäre aufgrund der Grösse, selbst wenn ich sie in Richtung der Menschen auf der Strasse gerichtet hatte, um sie so zu fragen, ob ich sie fotografieren dürfe. Die GFX 50R fühlt sich nicht gross an und die Reaktion der Menschen, denen ich damit begegnet bin, scheint dies zu bestätigen.

Fazit

Alles in allem bin ich mit der zweiten Mittelformatkamera von Fujifilm sehr zufrieden, hatte bei der Arbeit damit viel Spass und habe mich damit sofort wie zu Hause gefühlt. Mein einziges Problem damit war, dass ich das Vorserienmodel wieder zurückgeben musste und nun auf das finale Model warten muss. 

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Die Kamera kann bereits vorbestellt werden. Hier gehts zum Onlineshop.

Über Sandro Georgi:

sandrogeorgi.com
Instagram: @sandrogeorgi