Stell dir vor, du hast eine verrückte Idee. Sie setzt sich in deinem Kopf fest und lässt dich nicht mehr los. So penetrant, dass du sie einfach umsetzten musst. Koste es, was es wolle. 
Mit dem E-Scooter 250 km ans Meer. Was für eine blöde Idee?

Worum gehts?

In der Stadt sind E-Scooter längst nicht mehr wegzudenken. Aber wie siehts auf längeren Strecken aus?
eflizzer schickt Filmregisseur Phil Meyer und Primarlehrerin Luisa Hager mit dem E-Scooter an die italienische Küste. 

Die 250 Kilometer wollen die beiden in sechs Tagen schaffen. Das Abenteuer wollen sie in Videos und Fotos dokumentieren und täglich über Social Media davon berichten. 

Auch wir waren von der Idee begeistert und haben Luisa und Phil einiges an Material mit auf die Reise gegeben. 
Folgendes Material hatten die beiden dabei um Videoaufnahmen und Fotos zu ersellen: 
- DJI Mini 3 Pro
- 2x DJI Action II
- 2x DJI Pocket II
- 2x Rode Wireless Go II

Wie es ihnen unterwegs ergangen ist, erfährst du in ihrem Blogbeitrag.

Tag1: Die Ungewissheit. Lugano – Tradate (41 Kilometer)

Unsere Reise startet in Luzern. Mit dem Zug fahren wir mit unseren E-Scootern bis nach Lugano.

Die erste Etappe steht ganz nach dem Motto Ungewissheit. Kann ein E-Scooter längere Strecken fahren? Ist es möglich, das Gepäck damit zu transportieren? Reicht der Akku? Können wir die E-Scooter immer aufladen und wird diese Reise überhaupt Spass machen?

In Lugano liegen die ersten 52 Kilometer vor uns. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr, sondern nur noch eins: Vollgas der Route nach.

Die ersten Kilometer überstehen wir und unsere E-Scooter gut. Auf Nebenwegen und kleinen Dorfstrassen kommen wir unserem Etappen-Ziel immer näher. Die ersten Herausforderungen lassen nicht auf sich warten. Das Handy überhitzt, die Navigation setzt aus und spezielle Hindernisse stellen sich uns in den Weg. Doch Meter für Meter steigt die Freude am E-Scooter fahren.

Dann: 10 Kilometer vor unserem ersten Ziel, geschieht das, wovor wir am meisten Angst hatten. Kein Akku. Jetzt wird es ernst. Wo können wir unsere E-Scooter aufladen? In einem kleinen Kaffee am Strassenrand finden wir Rettung. Nach zwei Stunden Ladezeit kann es endlich weiter gehen.

Es ist immer noch brennend heiss, als wir am Abend endlich unser erstes Ziel, Tradate, erreichen. Die Freude des Erreichten überragt jede Erschöpfung.

Tag 2: Die Freiheit. Tradate – Castelletto (46 Kilometer)

Ausgeschlafen und voller Tatendrang machen wir uns an die zweite Etappe. Bei 35 Grad und unglaublicher Trockenheit ist jeder Kraftakt eine Tortur. Je länger der Tag anhält, desto erdrückender wird die Hitze, die sich uns wie eine Wand in den Weg stellt. Die E-Scooter überhitzen regelmässig und zwingen uns zum Stossen. Ein Aufwand, der unglaublich viel Kraft und Nerven kostet. Auch die Erschöpfung zwingt uns immer wieder dazu, Pausen einzulegen, was das Reisetempo extrem verlangsamt. 

In einem Park suchen wir Schutz vor der Hitze und kühlen uns bei jeder Gelegenheit ab.

Am späteren Nachmittag muss die Reise weiter gehen. 30 Kilometer trennen uns von Abbiategrasso, unserem zweiten Etappen-Ziel. Am Abend angekommen, geniessen wir den Moment und lassen den Tag ausklingen. Schnell vergisst man, dass es am nächsten Morgen weiter gehen muss.

Tag 3: Es wird heiss. Castelletto – Sannazzaro de’ Burgondi (48 Kilometer)

Der dritte Tag führt uns tiefer ins Landesinnere. Neben der Hitze treffen wir auf erschreckende Trockenheit. Felder müssen jetzt schon künstlich bewässert werden und die Flüsse stehen kurz vor dem Austrocknen. Eine Situation, die uns mehr und mehr zum Nachdenken bringt. Auch uns und den E-Scootern tut die Hitze nicht gut, fast alle fünf Kilometer überhitzt der Elektromotor und zwingt uns, zu warten. Erneut zieht sich alles in die Länge, eine Belastung für Kopf und Körper. Sogar ein Sprung in den beinahe ausgetrockneten Fluss bringt hier keine Abkühlung.

Am Abend spüren wir jeden Meter in unseren Knochen. Die langen, heissen Kilometer haben uns jede Energiereserve entzogen. Jetzt hilft nur noch eine kalte Dusche und ab ins Bett. Was wir da noch nicht wussten: morgen erwartet uns der wohl heftigste Tag.

Tag 4: Hitzeschlag. Sannazzaro de’ Burgondi – Villalvernia (46 Kilometer)

Bereits jetzt hat sich eine gewisse Routine in unsere Vorbereitungen eingeschlichen. Alles geht Hand in Hand und schnell stehen wir wieder auf der Strasse.

Nach einer Stunde gibt ein E-Scooter bereits auf und bringt unseren Zeitplan durcheinander. Schon vor dem Mittag merken wir, dass es noch heisser wird, sogar der Wind bringt keine Abkühlung. Wir schleppen uns von Schattenplatz zu Schattenplatz. Als wäre das nicht genug, stehen wir plötzlich vor einer abgesperrten Brücke. Können wir sie trotzdem passieren? Denn sie zu umfahren, würde uns weitere 10 Kilometer kosten. Eine Distanz, die in dieser Hitze eine Ewigkeit dauern kann. Mit Hilfe des Restaurantbesitzers von nebenan, entscheiden wir uns trotz allem, darüber zu fahren. Ein sehr unangenehmes Gefühl begleitet uns. Doch auf der anderen Seite angekommen, war es das eindeutig wert.

Die Route führt uns am späten Nachmittag tiefer in die Hitzehölle. Zusätzlich wird der Untergrund immer komplizierter zu befahren. Drei Kilometer weiter erreichen wir völlig erschöpft ein kleines Kaffee. Erst beim Hinsetzen merken wir, dass unsere Körper total überhitzt sind. Wir entscheiden uns, den nächsten Park aufzusuchen und eine Pause einzulegen und zu schlafen.

Gestärkt und mit 23 km/h schaffen wir es doch noch an die Via La Selva. Auch der letzte Anstieg ist kein Hindernis mehr und die Herzlichkeit unserer Gastgeberin überdeckt wieder einmal alle Strapazen.

Tag 5: Ruhetag.

Um die vier strengen und heissen Tage zu verarbeiten, haben wir uns entscheiden, einen Ruhetag einzubauen. Heute machen wir nicht viel, Kaffee trinken, essen, schlafen und alle Akkus aufladen. Denn morgen erwartet uns die gefürchtete Königsetappe mit einem Höhenprofil von über 1200 Meter.

Tag 6: Königsetappe. Villalvernia – Campo Ligure (51 Kilometer)

In den frühen Morgenstunden suchen wir kühle Momente. Die ersten Kilometer kommen wir gut vorwärts, doch früh erscheint sie am Horizont: Die letzte Bergkette, die uns vom Meer trennt. Natürlich überhitzen die E-Scooter schnell. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als sie immer wieder zu stossen.

Doch das Schöne am aufwärts gehen ist, dass es irgendwann auch wieder runter geht. Wir kommen an eine der schönsten Abfahrten, die wir je erlebt haben. Das Freiheitsgefühl übernimmt alle Fasern unseres Körpers.

In der Mitte der Etappe suchen wir in einem Hippie-Dorf Schatten und im Fluss gibt es zusätzlich eine schöne Abkühlung. Wir warten, bis die Sonne tief steht. Erst abends um 18:00 Uhr machen wir uns an die restlichen 13 Kilometer, die wieder steil bergauf gehen.

Wir kämpfen uns an den obersten Punkt bevor es endlich bergab ins Tal Campo Ligure geht. Eine wunderschöne Kleinstadt umarmt von dunkelgrünen Bergen. Langsam, aber sicher spüren wir das Mittelmeer. Jetzt sind es nur noch 23 Kilometer bis zum Ziel.

Tag 7: Das Meer. Campo Ligure – Voltri (23 Kilometer)

Endlich, der letzte Tag. Das letzte Mal packen, das letzte Mal die E-Scooter bereit machen. Marco, der Hotelbesitzer, meint, dass ein letzter grosser Aufstieg auf uns warte. Schnell heisst es erneut: E-Scooter stossen. Langsam, aber sicher ist unsere Energie aufgebraucht. Auch die Konzentration gibt nach. Kurz nicht aufgepasst und schon ist es passiert: Ein spitzer Stein verletzt Phil’s Zehen. Zum Glück sieht es schlimmer aus, als es ist. Jetzt wollen wir einfach nur noch ans Meer.

Der letzte Peak ist erreicht und plötzlich sehen wir es. Weit unten erscheint es zum ersten Mal. Das Meer. Ab jetzt geht es nur noch bergab. Eine wunderschöne Strasse führt uns hinunter ins Flachland. Die Vorfreude steigt. Die letzte Kurve, die letzte Kreuzung, das letzte Hindernis und wir sind am Ziel.

Schon oft sind wir ans Meer gereist. Doch so gut wie heute, hat sich das Ankommen noch nie angefühlt. Ein Gefühl, dass sich tief in unseren Körpern verankert. Wir haben es geschafft.