Am 20. Februar 2024 wurde in Tokio die Fujifilm X100VI vorgestellt. Sie ist das neueste Modell der beliebten X100-Kameraserie. Falls du selbst noch kein stolzer Besitzer bist, ist dir die Kamera bestimmt schon auf Social Media begegnet. Kaum einem Kameramodell wurde in den vergangenen Jahren so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie der vor vier Jahren angekündigten X100V. Gemessen an den ersten Reaktionen, scheint das neuste Modell die X100VI nochmals einen draufzusetzen.

Mein Name ist Denny Waves und ich bin Reise- und Porträtfotograf. Seit mehreren Jahren fotografiere ich mit Fujifilm und bin primär mit der X-T5 und X-H2s unterwegs. Die X100 war vor rund 13 Jahren meine erste Fujifilm-Kamera, und seither bin ich dem Charme der Kameraserie komplett erlegen. Die X100V war in den letzten Jahren fester Bestandteil meines Reisekits. Auf Abenteuern in Südamerika war sie teilweise sogar die einzige Kamera, mit der ich unterwegs war.

Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, am Fujifilm X-Summit in Tokio teilzunehmen und die Ankündigung der X100VI vor Ort mitzuerleben. Seitdem konnte ich die Kamera in Japan und Singapur ausgiebig testen. Als offensichtlich großer X100-Fan kann ich in diesem Artikel keine 100%ige Objektivität garantieren :-). Ich möchte aber gerne meine ersten Eindrücke der Kamera mit euch teilen und euch mit auf eine visuelle Reise durch Japan und hinter die Kulissen des X-Summits nehmen.

Eindrücke vom X-Summit am 20.02.2024 in Tokio

Die X100VI – Was ist neu? Was ist gleich?

Wenn man die neue X100VI neben das Vorgängermodell, die X100V, stellt, könnte nur ein sehr geschultes Auge die beiden Kameras korrekt auseinanderhalten. Bis auf kleine Details wie die etwas angeschrägte Rückseite und ein paar angepasste Knöpfe hat Fujifilm am Design der Kamera kaum etwas verändert. Ich freue mich über den gleichbleibenden Look der Kamera. Das Design ist für mich eine sehr gelungene Mischung aus Retro und Modern mit einer guten Prise Ergonomie und Funktionalität. Auch der Umstieg von der X100V war dadurch äusserst angenehm.

Aber was ist denn nun neu? Für mich liegen die Hauptunterschiede in den folgenden vier Bereichen:

  • höhere Auflösung (neu 40 Megapixel vs. 26 Megapixel beim Vorgängermodell)
  • Sensorstabilisierung mit bis zu 6 Blendenstufen
  • neue Videofunktionalitäten mit unter anderem 6.2K und F-Log
  • verbesserter Autofokus mit Motiverkennung

Die Auflösung ist mit 40 Megapixeln fast doppelt so hoch. Das bringt mehr Spielraum beim Zuschneiden und hilft dabei, noch feinere Details einzufangen. Der unten abgebildete Bildauschschnitt ist ein guten Beispiel dafür, was mit der neuen Auflösung möglich ist. 

Mein Leben ist zwar noch immer eine Achterbahn, aber in meiner Fotografie hat die neue Sensorstabilisierung der X100VI etwas mehr Ruhe verliehen. Slow-Shutter- und Nachtaufnahmen sind so viel einfacher aus der Hand zu fotografieren. Vor allem aber beim Filmen macht der „Stabi“ einen riesigen Unterschied. Mit den aufgerüsteten Videoeigenschaften wie 6.2K und F-Log wird die X100VI zur richtigen Hybridkamera.

Der Autofokus war bei der X100V bereits sehr gut. Den Unterschied merke ich hauptsächlich bei den Motiverkennungsmodi. Die Kamera kann neu Vögel, Tiere und Fahrzeuge erkennen und besser verfolgen. Letzteres erlaubte es mir zwar nicht, „Tokyo Drift“-Aufnahmen umzusetzen, aber beim Fotografieren der coolen Retro-Taxis in Tokio war es durchaus hilfreich.

Godzilla Statue im Stadtteil Shinjuku in Tokio. Das linke Bild zeigt einen vergrösserten Ausschnitt des Bildes auf der rechten Seite.

Der Fujifilm X-Summit und ein Fabrikbesuch

Die X-Summits sind Ankündigungsveranstaltungen von Fujifilm, die in der Regel zweimal im Jahr an unterschiedlichen Standorten stattfinden. Der diesjährige X-Summit fand im Hauptquartier in Tokio statt und unterstreicht damit die Wichtigkeit des diesjährigen Events. Neben der X100VI-Produktankündigung feiert Fujifilm in diesem Jahr das 90-jährige Firmenbestehen – Happy Birthday! Am Summit waren rund 500 geladene Gäste und Mitarbeiter präsent, und so liefen mir zahlreiche bekannte Gesichter aus der YouTube- und Kamera-Szene über den Weg.

Am Tag nach dem X-Summit hatte ich die Möglichkeit, die Fujifilm-Fabrik in Ashigara zu besuchen. Ashigara ist, wie ich gelernt habe, die erste Fabrik und somit auch die Geburtsstätte von Fujifilm! Die ersten Analogfilme Japans wurden dort auf einer Maschine produziert, die sogar noch heute einsatzfähig ist. Verwendet wird sie aber nur noch zu Demonstrationszwecken. Heute produziert der Standort Ashigara noch immer Analogfilme (leider gehört der „Fujifilm Pro 400H“-Film nicht mehr dazu. Bitte, bitte bringt den Film zurück!). Der Fokus liegt heutzutage primär auf den Instax-Produkten.

Als grosser Analogliebhaber fühlte sich der Besuch etwas wie eine Pilgerreise an. Vor Ort waren viele Kamera-Ikonen und Analogfilm-Highlights ausgestellt, die ich ohne gesicherte Glasscheibe dazwischen am liebsten eingepackt hätte. Auch die beliebten Fujifilm-Filmsimulationen haben in dieser Fabrik ihren Ursprung. Alle Infos und Archive über die Filmgeschichte Fujifilms sind nämlich dort gelagert.

Links oben: Zwei Mitarbeiter der Fujifilm-Fabrik in Ashigara / Rechts oben: Ausstellung von Analogfilmen die dort produziert worden sind
Links unten: Dokumentationsordner im Archiv / Rechts unten: Die erste Analogfilm-Produktionsmaschine in Japan

Ein Besuch beim Friseur wird zum ersten X100VI-Projekt

Bei meinem letzten Besuch in Japan im Mai 2023 habe ich eine Porträtserie von interessanten Personen erstellt, die ich auf der Strasse Tokios angetroffen habe. Einer davon ist Takushi, der beim wohl coolsten Barbershop in Tokio arbeitet. Natürlich habe ich mich gleich für einen Haarschneidetermin bei ihm gemeldet. Mein neuer Haarschnitt und ein Gespräch über die X100VI führten im Anschluss gleich zu einem ausgiebigen Fotoshooting vor Ort. Dank der großartigen 35-mm-Optik konnte ich sowohl dokumentarische Aufnahmen als auch Porträts mit einer schönen Hintergrundseparierung aufnehmen.

Obwohl die Kamera Bilder mit höchster Bildqualität auf Profi-Niveau liefert, ist sie kompakt und schüchtert nicht ein. Beim Fotografieren von Menschen steht sie wortwörtlich nicht im Weg. Denn dank des kleinen Formfaktors und Messsucher-Designs ist mein Gesicht nicht komplett verdeckt. Das hilft deutlich beim Kommunizieren mit der Person vor der Linse.

Bildserie aufgenommen mit der X100VI im Barber Shop "Mr Brothers Cut Club" in Tokio. 

Schlusswort

Die X100-Serie mit ihren sechs Ausführungen über 13 Jahre hat mit jeder Generation weitere Menschen in den Bann der Fotografie gezogen. Ob der Hype um die Kameras gerechtfertigt ist oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ich möchte mir an dieser Stelle auch nicht anmassen, darüber ein Urteil zu fällen. Ich persönlich liebe die Kameras und fühle mich dank der haptischen Arbeitsweise mit der Kamera sehr mit dem fotografischen Prozess verbunden. Einige meiner Lieblingsbilder im Verlauf der letzten Jahre sind mit den X100-Modellen entstanden. Ich bin zuversichtlich, dass die „VI“ diese Tradition fortführen wird.

Nachtaufnahmen aufgenommen mit der X100VI in Tokio.

Über den Autor

Mein Name ist Denny und ich bin als Reise- und Portrait-Fotograf in der Welt unterwegs. Die Fotografie begleitet mich seit mehr als einem Jahrzehnt und ich kann und will mir ein Leben ohne Kamera in der Hand nicht mehr vorstellen. Von Strassenfotografie über Makroaufnahmen bis hin zur Sportfotografie habe ich mich schon in so manchem fotografischen Genre ausprobiert. Die Portraitfotografie lässt mein Herz aber höherschlagen als jede andere Disziplin. Es ist ein grossartiges Gefühl, jemandem durch ein Portrait neues Selbstvertrauen zu schenken und schöne Erinnerungen festzuhalten. 

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