Ein Blogbeitrag von Mario Wüest / Mitglied der Geschäftsleitung der Photo Vision Zumstein AG

Bereits seit einigen Wochen ist sie auf dem Markt, die Fujifilm X-Pro3. Sie ist anders als die anderen. Das sieht man schon am bewusst verdeckt montierten Kamera-Display. Es lässt sich zwar ausklappen, allerdings nur unterhalb der Kamera. Ein Wink mit dem Zaunpfahl der Fujifilm-Ingenieure, man soll doch das Display bei dieser Kamera lieber nicht nutzen. 

Als erste Gerüchte über die konsequente Weiterentwicklung des X-Pro Konzepts durchgesickert waren, stand für mich fest: Wir müssen uns kennenlernen, die Fujifilm X-Pro3 und ich. Es soll aber kein «Schnellschuss» sein. Die X-Pro3 ist für bewusstes Fotografieren gebaut und soll auch die Achtsamkeit erhalten, die sie vom Fotografen einfordert.

Heute war er da, der ideale Tag. Die Familie hatte nach einem kurzen Spaziergang an diesem kalten und nebligen Tag keine Lust mehr auf Frischluft. Also bin ich alleine losgezogen. Nur ich, die Fujifilm X-Pro3 und mein Lieblingsobjektiv von Fujifilm: Das XF 23mm 1:1.4.

 

Wer wird mit der Fujifilm X-Pro3 glücklich?

Bevor Du jetzt weiterliest möchte ich hier festhalten, dass dies kein Kameratest ist, der sich auf die technischen Details der X-Pro3 konzentriert. Du findest genug Berichte im Internet mit allen technischen Infos zu dieser Kamera. Ich gehe in diesem Blogbeitrag vielmehr einer Frage auf den Grund, die wir im Geschäft schon einige Male gestellt bekommen haben: Wieso zum Teuf…. macht Fujifilm dem X-Pro3 Käufer mit dem verdeckten Display das Leben künstlich schwer?

Diese Frage versuche ich zu beantworten, denn ich denke, die Fujifilm X-Pro3 könnte einigen Fotografen/innen viel Freude bereiten, die das möglicherweise noch gar nicht wissen. Um Dir näher zu bringen wieso mich die X-Pro3 fasziniert muss ich etwas ausholen. So viel Zeit muss sein :-):

Ich gehörte noch zu der letzten Generation, die die fotografische Ausbildung im Analogen Zeitalter durchlaufen hat. Nach jedem Auftrag war die Anspannung gross, bis man die korrekt belichteten und entwickelten Negative in den Händen halten konnte. Mit dem Siegeszug der digitalen Fotografie ist nicht nur diese Unsicherheit verschwunden, die ganze Fotografie hat sich in seinen Grundsätzen wesentlich verändert. Dank der sofortigen Bildkontrolle kann man fotografisch viel näher an die Grenzen gehen. Es sind Bilder möglich, die Analog wohl so nicht entstanden wären.

Allerdings ist durch die digitale Technik auch der Kontrollblick auf das Display für viele Fotografen zu einem automatischen Reflex geworden. Ein kurzes Reinzoomen um die Schärfe zu überprüfen, den Bildausschnitt kritisch begutachten, soll man doch nochmals den Standort ändern? Der Stress der Unsicherheit bis zur Filmentwicklung weicht dem Stress der Perfektion im Augenblick. Doch macht diese ständige Bildkontrolle die Bilder wirklich besser? Manchmal mag das der Fall sein. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass diese ständige Bildkontrolle auch einen wesentlichen Nachteil mit sich bringt: Die Ablenkung vom bewussten Sehen. …und hier kommt die Fujifilm X-Pro3 ins Spiel. Der oben erwähnte Wink mit dem Zaunpfahl der Fujifilm-Ingenieure zwingt einen dazu, achtsamer zu fotografieren. Fast so wie zu analogen Zeiten, allerdings mit Netz und doppeltem Boden. Wenn man doch mal einen Blick auf die Bilder werfen möchte, ist dies über das Ausklappdisplay oder über den hybriden Sucher jederzeit möglich. Wer sich eine Fujifilm X-Pro3 zulegt möchte diesen Kontrollblick aber möglichst auf ein Minimum reduzieren oder ganz weglassen (alle anderen werden mit einer anderen Kamera glücklicher).

Für mich hat es sich hervorragend angefühlt, mit der X-Pro3 unterwegs zu sein und auf die ständige Bildkontrolle oder auf das Fotografieren über das Display zu verzichten. Natürlich kann man auch bei einer anderen Kamera das Display einfach ausgeschaltet lassen. Allerdings ist die Versuchung mit dem Display zu Arbeiten wesentlich grösser. Wenn man sich für die X-Pro3 entscheidet, fühlt es sich an wie ein Versprechen an sich selbst. Das bewusste Sehen tritt wieder in den Vordergrund. Das Fotografieren hat sich definitiv anders angefühlt, als mit einer Kamera mit direkt sichtbarem Display. Ob die Fotos nun besser oder schlechter sind, ist für mich bei dieser Kamera nicht unbedingt der wesentliche Punkt. Durch das entschleunigte Fotografieren geniesse ich den Augenblick bei der Entstehung der Bilder intensiver. Diese Momente machen das Fotografieren mit der Fujifilm X-Pro3 für mich zu einem besonderen Erlebnis.

Konsequent sein, nicht nur beim Display: JPG vor RAW.

Ich habe mich dazu entschieden mit der X-Pro3 im JPG-Format zu fotografieren und die verschiedenen Filmsimulationen einzusetzen. Früher war das für mich ein absolutes No-Go. Es musste das RAW-Format sein um bei der nachträglichen Bildoptimierung möglichst noch das Beste aus den Bildern herausholen zu können (mit der Folge, dass noch unzählige unbearbeitete Ordner mit RAW Files im Dornröschenschlaf schlummern). Heute, mit Familie und zwei kleinen Kindern, versucht man die Zeit vor dem Computer so kurz wie möglich zu halten. Da kommen einem die Filmsimulationen und die diversen Einstellmöglichkeiten für den Bildlook sehr gelegen (Sättigung, Körnung, Schärfe, Klarheit, uvm.). Das kleine quadratische Display auf der Rückseite zeigt, dem früheren Einsteckrahmen für die Filmverpackung nachempfunden, den gewählten Filmmodus an. Das unterstreicht das Retro-Konzept der Kamera. Man kann über das Display auch diverse andere Werte anzeigen lassen, irgendwie fühlt sich das aber wieder inkonsequent an. Bei mir bleibt die Filmanzeige. Die Werte wie Belichtungszeit, Blende und ISO sind über den hybriden Sucher problemlos überprüfbar.

Einige Beispiele der verschiedenen Filmsimulationen:

 

 

Der Rückfall: Konsequent inkonsequent.

Achtsam sein. Bewusster sehen. Auf das Kameradisplay verzichten. Ausschliesslich im JPG fotografieren. Das war die innere Vereinbarung die ich mit mir eingegangen bin als ich mit der X-Pro3 auf fotografischen Streifzug ging. Das hat sehr gut funktioniert …und doch kam er, der Rückfall:

Oben auf dem Gurten angekommen hat sich die Nebeldecke geöffnet. Ein surrealer Moment mit blauem Himmel oben, die durchscheinende Sonne in der Mitte und Dunkelheit unter der Nebeldecke . Über den (auf elektronisch eingestellten) Sucher konnte ich sofort erkennen, dass das JPG den Moment nicht würdig wiedergeben konnte. Der Kontrast war zu gross. Die Farben kamen nicht rüber. Also habe ich mir das Ergebnis nochmals auf dem Display angeschaut und bin mir dabei wie ein Süchtiger bei einem Rückfall vorgekommen. Tatsächlich wollte ich bei dieser Aufnahme nicht auf die Möglichkeiten des RAW-Formates verzichten. Dankbar dafür, dass die X-Pro3 eben doch eine vollwertige digitale Systemkamera mit allen wesentlichen Funktionen ist, habe ich die weiteren Bilder zusätzlich im RAW-Format geschossen und über das Display kontrolliert.

Mit untenstehendem Slider kannst Du Dir das JPG-Bild «out of cam» und das entwickelte RAW Bild ansehen, auch wenn dadurch die Illusion stirbt, dass solche Bilder «out of cam» möglich sind (vorgenommene Einstellungen in Adobe Camera RAW: Kontrast, Sättigung, Klarheit, Helligkeitsverlauf).

Ähnlich inkonsequent wie ich beim Fotografieren mit der X-Pro3, waren also auch die Fujifilm Ingenieure bei der Entwicklung der Spiegellosen Systemkamera im Messsucher-Style. Zum Glück haben sie alles Reingepackt was eine solide Kamera heute haben muss. Natürlich gibt es Kameras die in einigen technischen Bereichen die X-Pro3 übertrumpfen.  Für Fotograf/innen die sich auf das bewusste sehen konzentrieren möchten, ist die X-Pro3 aber definitiv eine sehr gute Wahl.

Auch das klassische Bildkorn lässt sich direkt in der Kamera simulieren:

 

Fazit

Die Fujifilm X-Pro3 ordnet sich mit ihrem Bedienkonzept und dem Messsucher-Prinzip nicht den gängigen Trends in der Kameraentwicklung unter. Sie inspiriert zu einer anderen Herangehensweise an die Fotografie. Wer sich darauf einlässt wird viel Spass beim Fotografieren mit der X-Pro3 haben. Wem der verdeckt montierte Monitor noch zu wenig radikal ist (und wer das nötige Kleingeld hat), kann mit der Leica M10-D noch einen Schritt weiter gehen und ganz auf das Display verzichten.

Gestört haben mich nur Kleinigkeiten:
Die Q-Taste und FN-Taste am rechten Gehäuserand sind, gerade mit kalten Händen, nicht richtig spürbar. Die Tasten sind Nahtlos im Gehäuse integriert. Eine kleine ertastbare Erhöhung wäre wünschenswert. Die Umschaltung der Filmsimulationen über die Taste und Joystick finde ich etwas umständlich. Wenn man den Filmsimulationen schon ein eigenes Display gönnt, sollten sie auch direkt einstellbar sein.

 

Teste die Fujifilm X-Pro3

Ich empfehle Dir, selber die Erfahrung zu machen, ob und wie das Fotografieren mit der X-Pro3 einen Einfluss auf Deine Bilder und Dein Fotografie-Erlebnis hat. Als kleine zusätzliche Motivation für dieses Experiment bezahlst Du auf www.zumirent.ch bei einer Miete von bis zu 3 Tagen nur die Hälfte wenn Du in das Bemerkungsfeld «X-Pro3 Blog» schreibst. Selbstverständlich rechnen wir Dir die Miete bei einem späteren Kauf an die Kamera an.

Ich bin gespannt auf Deine Erfahrungen mit der X-Pro3 und freue mich, wenn Du sie unten im Kommentarfeld mit uns teilst.

Die Fujifilm X-Pro3 in unserem Webshop

Falls Du Dir einige Bilder in voller Auflösung anschauen möchtest, kannst Du sie hier herunterladen.