Hasselblad: Die Kamera-Legende aus dem Norden

Die schwedische Marke Hasselblad ist seit Jahrzehnten der Inbegriff für Mittelformatfotografie.
Mario hat sich die beiden neuesten Modelle näher angeschaut und berichtet in diesem Blogbeitrag und im Video von seinen Erfahrungen mit den High-End Kameras aus Göteborg. 

Als ich 1995 meine Ausbildung begonnen hatte, gehörte die analoge Mittelformat-Fotografie noch zum Alltag vieler Fotografen. Fotografieren gelernt hatte ich zwar auf einem anderen Mittelformat-System, einer Mamyia RZ67, geträumt habe ich aber schon immer von einer Hasselblad. Das Hasselblad V-System ist legendär und viele berühmte Fotografen schwörten auf die Zuverlässigkeit und Qualität der 6x6 Mittelformatkameras. Legendär sind auch viele Aufnahmen die mit „Hassi’s“ entstanden sind, zum Beispiel die Bilder von der ersten Mondlandung von Buzz Aldrin und Neil Armstrong mit einer speziell modifizierten Hasselblad.

Hasselblad 907X + CFV II 50C

Die Hasselblad 907X + CFV II 50C mit dem XCD 3,2/90mm

Vor einigen Jahren hatte ich dann die Möglichkeit, intensiv mit Hasselbad-Kameras zu fotografieren und damit auch meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Allerdings entstanden diese Bilder nicht mehr auf Mittelformat-Film, sondern bereits digital mit dem Hasselblad H-System. Mit dem Einstieg in die Digitalfotografie trennte sich Hasselblad auch vom klassischen 6x6-Format und die Bilder wurden von einem rechteckigen Sensor im Seitenverhältnis von 4:5 aufgezeichnet. Auch im beginnenden digitalen Zeitalter war die Bildqualität der Mittelformatkameras von Hasselblad überragend und auch die neuste H-Kamera, die H6D-100c, gehört zur absoluten Spitzenklasse was die Bildqualität betrifft. Allerdings sind diese Mittelformat-Spiegelreflexkameras nicht gerade klein und handlich und daher eher im Profi-Einsatz zu finden.

Inzwischen bin ich beruflich immer noch intensiv mit der Fotografie verbunden, allerdings verdiene ich mein Geld nicht mehr mit dem erstellen von Fotografien. Fotografieren ist wieder zur Passion geworden. Fotografieren ist wieder Genuss, Entspannung, Entschleunigung und Spass. Der wirtschaftliche Druck, Aufnahmen zu erstellen die einem Kunden gefallen müssen, gehört für mich somit der Vergangenheit an und ich fotografiere hauptsächlich für mich selbst.
Dadurch hat sich auch der Bezug zur Kameratechnik für mich verändert. Die Kameras müssen nicht mehr primär als das optimalste Tool für einen kommerziellen Einsatz dienen, sondern sie sind für mich zu einem Werkzeug geworden, um die oben zitierte Freude an der Fotografie zu zelebrieren.

Interessanterweise passen die neusten Kameras aus der schwedischen Kameramanufaktur Hasselblad sehr gut zu dieser Veränderung. Denn die neuen spiegellosen Mittelformatkameras, X1D II 50C und 907X, sprechen nicht nur Profifotografen an. Dank ihrer Kompaktheit, ihrem Bedienkonzept, ihrer Bildqualität und ihrem Design wecken die beiden Kameras nun auch bei anspruchsvollen Foto-Enthusiasten Begehrlichkeiten.

Familienfoto: Hasselblad 
Familienfoto: Die Hasselblad 500C/M, Die Hasselblad X1D II 50C und die Hasselblad 907X+CFV II50C

Die beiden ungleichen Geschwister

Innerlich teilen die Hasselblad X1D II 50C und die 907X mit dem CFV II 50C Rückteil die gleiche DNA. Beide verfügen über den hervorragenden 50 Megapixel Mittelformatsensor, die Hasselblad Natural Color Solution Farbwiedergabe-Technologie und einen sehr grossen Dynamikumfang von 14 Blenden. Auch das Bedienkonzept im Menü ist identisch und beide Kameras bieten ein Bajonett für die XCD-Autofokus-Objektive. Damit hat es sich aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Denn äusserlich unterscheiden sich die beiden Geschwister stark:
Die Hasselblad X1D II 50C ist eine sehr modern designte, vollwertige Systemkamera mit grossem Display und einem elektronischen Sucher. Das Gehäuse ist für eine Mittelformatkamera sehr kompakt konstruiert und die Kamera liegt mit ihrem der Funktion folgenden Design sehr gut in der Hand.
Beim Geschwistermodell, der 907X, sieht das ganz anders aus.
Sie orientiert sich beim Design und Konzept am legendären V-System. So ist die Hasselblad 907X genau genommen auch nur das Kameragehäuse, ohne Sensor oder Display. Und dieses Gehäuse ist, dank dem Wegfall des Spiegels und des nicht notwendigen Verschlusses (die XCD-Objektive sind mit einem Zentralverschluss ausgestattet), gerade mal 2,7cm schmal.
Komplett wird die Kamera erst in Verbindung mit dem neuen Digitalrückteil CFV II 50C. Dieses Rückteil erinnert stark an die klassischen Filmmagazine des analogen V-Systems, verfügt aber nun über einen Monitor, der im Vergleich zum Vorgängermodell auch nach oben geschwenkt werden kann. So hat man beim fotografieren ein ähnliches Gefühl, wie wenn man mit einer analogen V-Kamera mit Schachtsucher unterwegs ist. Für alle denen dieses Gefühl nicht reicht, kann das CFV II 50C auch an den meisten V-Kameras von Hasselblad verwendet werden. Es ist ein sehr spezielles Gefühl, wenn man z.B. mit einer inzwischen fast 50-Jährigen 500C/M mit neuster Digitaltechnik fotografieren kann. Da der Schachtsucher der 500er Kameras das 6x6 Format anzeigt, muss man allerdings damit leben können, dass das effektiv aufgezeichnete Bild, aufgrund des rechteckigen Sensors, beschnitten wird. Ausserdem ist es möglich, dass man zuerst die Mattscheibe justieren lassen muss, damit die Schärfe auch mit dem Digitalrückteil punktgenau sitzt.

500CM mit Digitalrueckteil


Mit der 907X hat man diese Einschränkungen natürlich nicht, allerdings verfügt die Kamera so über keinen Sucher und fotografiert wird ausschliesslich über das Kameradisplay. Das fotografieren mit dem Display funktioniert auch bei starker Sonneneinstrahlung sehr gut, einzig bei sehr wenig Licht ist man etwas eingeschränkt. Aber auch dafür hat Hasselblad eine Lösung: Als Ergänzung zur 907X gibt es optional einen optischen Aufstecksucher. Dieser Sucher bietet Markierungen für die Brennweiten 21, 30 und 45 mm.

Genug Technik und Geschichte: So fotografiert es sich mit den neuen „Hassi’s“

Wie bereits oben beschrieben unterscheidet sich das Handling der Hasselblad X1D II 50C nicht wesentlich von den anderen Systemkameras. Natürlich hat man alle Vorteile eines Mittelformat-Sensors, allerdings mit einem ähnlichen Komfort wie man ihn sich von Vollformat-Systemkameras gewohnt ist. Der Autofokus bricht zwar keine Geschwindigkeitsrekorde, das Fotografieren von sich bewegenden Motiven ist aber sehr gut möglich, solange man nicht den Anspruch hat, die Kamera für Sport und Action einzusetzen. Die X1D II 50C ist also eine ideale Begleiterin, wenn man die Vorzüge eines Mittelformat-Sensors schätzt, aber nicht auf den üblichen Systemkamera-Bedienkomfort verzichten möchte.


fotografiert mit der Hasselblad X1D II50C

Ganz anders fühlt sich das Fotografieren mit der 907X+CFV II 50C an. Das aussergewöhnliche Konzept dieser Kamera inspiriert zu einer anderen Herangehensweise an die Fotografie. Man wird dazu motiviert das Bild konzentrierter und bewusster zu komponieren. Ausserdem animiert der Klappdisplay zum fotografieren auf Hüfthöhe oder zum suchen von aussergewöhnlichen Perspektiven in Bodennähe.
Etwas speziell fühlt sich das fotografieren im Hochformat an. Das Display lässt sich in dieser Position nicht nach oben schwenken und ist im eingeklappten Zustand immer noch leicht schräg ausgerichtet. Das ist allerdings nicht weiter störend und nach einiger Zeit hat man sich daran gewöhnt. Richtig wohl fühlt sich die 907X mit Rückteil allerdings eher im Querformat, wo sie, in beiden Händen platziert, unauffällig nach spannenden Sujets suchen kann.


fotografiert mit der Hasselblad 907X+CFV II 50C

„Die Welt aus einem anderen Blickwinkel Betrachten“

...schreibt Hasselblad auf ihrer Webseite zum neusten Familienmitglied. Für Fotografen/innen, die auf der Suche nach einer Kamera sind, die schon nur rein durch ihre Form und durch ihr Bedienkonzept die Herangehensweise an die Fotografie beeinflussen, ist die Hasselblad 907X+CFV II 50C eine sehr spannende Kamera. Vermutlich wird man von der Fototour mit dieser Hasselblad nicht mit 500 Fotos zurückkommen, aber möglicherweise ist ja weniger mehr?
Jedenfalls ist man in Bezug auf die Bildqualität, dank des beindruckenden Dynamikumfangs und der sehr natürlichen Farbwiedergabe, in keinster Weise eingeschränkt, falls man die entstandenen Fotografien als Fine-Art-Prints in einer Galerie mit der Welt teilen möchte.

Fotografiert mit der Hasselblad 907X und dem CFV II 50C
fotografiert mit der Hasselblad 907X+CFV II 50C mit dem XCD 4/45mm P

Inzwischen habe ich mir meinen Traum einer eigenen Hasselblad V verwirklicht, ….und wer weiss: vielleicht wird meine 500C/M eines Tages auch mit einem CFV II 50c ergänzt."

Hier geht es zu den Hasselblad-Produkten in unserem Shop.

Einen etwas detailierteren Blick auf die beiden neusten Mittelformatkameras von Hasselblad erhälst Du in unserem Vorstellungsvideo:

 

Ein Blogbeitrag von Mario Wüest, Geschäftsleitung Photo Vision Zumstein AG