Fotograf und Filmemacher, Manuel Dietrich, lebt in Deutschland, ist 24 Jahre alt und bezeichnet sich selber als «Reisesüchtiger». 
Manuel nutzt jede freie Sekunde, die ihm neben seinem Architekturstudium bleibt, zum Reisen und Fotografieren. 
In diesem Blogbeitrag nimmt Dich Manuel mit auf Tour und zeigt Dir Schritt für Schritt, wie zum perfekten Bild der Milchstrasse kommst: 

Die völlige Ruhe, der endlose Blick in die Sterne und die Möglichkeit, die schönsten Spots komplett für sich alleine zu haben - das sind nur ein paar der Gründe, warum ich es als Landschafts- und Reisefotograf so liebe, in der Nacht zu fotografieren. 

Im Folgenden nehme ich euch mit auf Tour und zeige euch, wie man vom Aufstellen des Stativs zum letztendlich fertigen Nachtbild kommt. 

Ausrüstung: 

Aber starten wir erst einmal mit der Ausrüstung, die wir für Nachtaufnahmen überhaupt brauchen. Das wichtigste ist natürlich eine Kamera mit manuellen Einstellmöglichkeiten zur Anpassung der Belichtungszeit, der Blende, als auch dem ISO-Wert. Ich nehme dafür die Canon 1DX Mark II, die auch in schlechten Lichtverhältnissen perfekte Bildqualität abliefern kann. Zusammen mit einem relativ lichtstarken Objektiv, ich habe meist das 14mm f/2.8 dabei, sind wir bestens für die Nacht gewappnet. Um damit aber wirklich Bilder im Dunklen machen zu können, brauchen wir auch noch ein Stativ, das es uns erlaubt, über mehrere Sekunden bis Minuten verwacklungsfrei belichten zu können. Wichtig ist ein stabiles Stativ, um auch problemlos starkem Wind trotzen zu können. Als perfekter Begleiter auch auf längeren Wanderungen habe ich mich für eine Variante aus Carbon entschieden. 

Nicht fehlen sollte natürlich auch ein Fernauslöser, mit dem wir, falls die Kamera die Funktion nicht bereits hat, auch Belichtungen weit über 30 Sekunden machen können um das Rauschen zu reduzieren. Dazu aber später noch mehr. 

Mit Stirnlampe bewaffnet geht es hoch zu unserem heutigen Spot: der Aussichtspunkt über dem Sylvensteinspeicher bei Lenggries, Deutschland. Die Wettervorhersage sieht gut aus. Nach einem genialen Sonnenuntergang sollen sich die größten Wolken ganz verziehen und den Blick auf die Milchstraße freigeben. Da man bei dem steilen, doch etwas schwierig zu findenden Pfad gerade im Herbst beide Hände frei haben sollte, ist auch ein passender Rucksack, an dem man das Stativ befestigen kann, nur zu empfehlen. Mein treuer Begleiter ist der F-stop Tilopa, der nicht nur für kurze Fototrips eine ziemlich gute Wahl ist, sondern mit den unzähligen Möglichkeiten, die Ausrüstung zu verstauen und anzubringen, auch perfekt für mehrtägige Touren gedacht ist. 

20 Minuten und etwas Sucherei später sind wir dann aber auch schon oben angekommen. Mithilfe der App „PhotoPills“ konnte ich schon vorher überprüfen, wie die Milchstraße denn stehen wird und so war die richtige Perspektive auch schnell gefunden. 

Vor Ort: 

Um jetzt aber das Bild, welches ich im Kopf hatte, umzusetzen, war es nicht einfach nur damit getan, die Kamera auf eine Belichtungszeit von 30 Sekunden zu stellen und abzudrücken. Ich wollte ein Bild, in dem die Milchstraße scharf abgebildet ist, die vorbeifahrenden Autos durchgehende Lichtspuren ziehen und dabei auch der Vordergrund weder zu hell noch zu dunkel abgelichtet wird. Das alles mit lediglich einer Belichtung zu schaffen ist nahezu unmöglich, da die Autos ca. 45 Sekunden vom sichtbaren Anfang bis zum Ende der Straße brauchen. Da ich aber mit 14mm Brennweite mit der 500er Regel [500/Brennweite x (Cropfaktor) = maximale Belichtungszeit, um Sterne als Punkte abzubilden] auf knapp über 30 Sekunden begrenzt bin, muss ich diese beiden Belichtungen schon einmal getrennt voneinander machen. 

Da die Milchstraße schon fast direkt senkrecht über der Straße stand, als wir es nach oben geschafft hatten, nutzte ich den Moment um den Himmel für das Finale Bild einzufangen. Hierfür habe ich den manuellen Fokus meines Objektivs auf unendlich gesetzt und die Blende auf den kleinsten Wert, in meinem Fall 2.8 gestellt, um so viel Licht wie möglich auf den Sensor fallen zu lassen. Die Belichtungszeit setze ich auf 30 Sekunden und den ISO-Wert auf 6400. Der ISO-Wert ist aber natürlich abhängig von der jeweils verwendeten Kamera und deren Rauschverhalten. 

  

Im nächsten Schritt geht es darum, genügend Autos auf der Straße zu erwischen. Da das bei diesem Spot am späten Abend ein wahres Geduldsspiel ist, habe ich mich dazu entschieden, mehrere Belichtungen mit einer Dauer von jeweils 45 Sekunden aufzunehmen. Da hierbei der Sensor wesentlich mehr Licht abbekommt, haben wir den Vorteil, dass wir den ISO-Wert der Kamera heruntersetzen können und so ein wesentlich rauschärmeres Bild erhalten. Ich stelle also auf meinem Fernauslöser, ich verwende einen einfachen Kabelfernauslöser, eine Belichtungszeit von 45 Sekunden ein, belasse die Blende auf 2.8 und setze den ISO-Wert auf 3200. Wer lieber genau die richtige Menge an Autos und damit auch Licht einfangen will, kann auch die Möglichkeit der Bulb-Belichtung nutzen. Dabei bestimmt man den Start der Belichtung mit dem Drücken des Auslösers (entweder direkt auf der Kamera, oder am Fernauslöser) und beendet sie mit einem weiteren Drücken. 
 

Da nun aber je nach Autos der Vordergrund immer noch zu dunkel sein kann, empfiehlt es sich, nochmal eine längere Belichtung mit noch geringerem ISO-Wert zu machen. Ziel ist es ein perfekt ausgeleuchtetes Foto mit möglichst wenig Rauschen zu bekommen. Nach einer zusätzlichen Aufnahme mit 4min Belichtungszeit, ISO-Wert 2500 auf Blende 2.8 haben wir alle Puzzleteile zusammen, die wir brauchen.
 

 

Nachbearbeitung: 

Zu Hause angekommen geht es nun an die Bearbeitung unserer Fotos. Ich verwende dazu vorwiegend Lightroom und Photoshop. Da wir in unserem Fall mehrere Bilder überblenden ist Photoshop unerlässlich. Ich wähle also zuerst einmal alle Bilder in Lightroom aus, die für meine weitere Bearbeitung interessant sein könnten. Also mindestens 1 Foto der Milchstraße, je nach Geschmack 2-5 Bilder der Leuchtspuren und ein Foto für den Vordergrund. 

Nach den ersten Grundeinstellungen wie Profilkorrekturen und Entfernung der Chromatischen Aberrationen passe ich die Fotos von der Helligkeit her aneinander an, Schärfe sie ein wenig nach und gebe Ihnen schon einen leichten persönlichen Bildstil. Wenn das getan ist, geht es in Photoshop weiter. 

Wir laden also alle ausgewählten Fotos als Ebenen in Photoshop und fangen mit dem Überblenden der einzelnen Bilder an. Ich persönlich nehme meist die extra lange Belichtung als meine Basis-Ebene, macht aber für die weitere Bearbeitung keinen großen Unterschied. Nun sortiere ich die Ebenen nach Leuchtspuren und Vordergrund und benenne sie für die bessere Übersicht um. Anschließend wende ich eine Ebenenmaske auf alle meine Ebenen an und invertiere sie mit dem Tastenkürzel (Mac) cmd+i (Windows) STRG+i, sodass alles ausgeblendet wird und wir komplett schwarze Ebenenmasken erhalten. Jetzt geht es daran die einzelnen Bildbereiche, die wir sichtbar machen wollen, langsam wieder reinzumalen. 

 

Ebenenmasken funktionieren auf die Weise, dass alles was schwarz ist nicht angezeigt wird und alles was weiß ist dargestellt wird. Somit können wir ganz einfach mit einem weichen Pinsel und erst einmal einer geringeren Deckkraft von etwa 50% beginnen, die Bereiche mit weißer Farbe auf der Ebenenmaske anzumalen. Da wir zwischen den Bergen und dem eigentlichen Himmel einen ziemlich guten Kontrast haben, können wir uns hier sogar ein wenig Arbeit ersparen und das Schnellauswahl-Werkzeug verwenden, um den Bereich des Himmels auszuwählen, der durch unser Milchstraßen Foto ersetzt werden soll. Diese Auswahl füllen wir auf der Ebenenmaske mit weiß, damit diese sichtbar wird. 

 

Weiter geht es mit den Leuchtspuren. Falls man hier mehrere Spuren miteinander verbinden bzw. übereinander legen will, hat man nach dem Pinseln die Möglichkeit mit den verschiedenen Ebenen-Modi zu spielen. Mit dem Modus „Ineinanderkopieren“ oder „Weiches Licht“ kann man so zum Beispiel rote Leuchtspuren der Rücklichter mit denen der Vorderlichter kombinieren. 

         

Zu guter Letzt kümmern wir uns noch um die Spiegelung des Nachthimmels im Wasser. Durch die längere Belichtung können wir die verzogene Spiegelung nicht verwenden und müssen so die originale Spiegelung aus unserem Milchstraßen Foto wieder auf der Ebenenmaske einblenden. Nach etwas Feintuning in den Blättern und Bäumen ist unser Foto jetzt aber fertig überblendet und wir können nach dem Abspeichern geradewegs wieder in Lightroom gehen. 

Dort machen wir nun noch ein paar finale Einstellungen, um die Farben, Lichter und Tiefen noch ein wenig herauszuarbeiten.
Und schon ist unser Milchstraßen Bild vom Sylvensteinspeicher fertig! 

 

 

Manuel Dietrich: 

 

manueldietrich.com
Instagram: @manueldietrichphotography