Der Thuner Lifestyle-, Business-, Reise-, Architektur- und Hochzeitsfotograf, Phil Wenger, fängt mit seinen Bildern besondere Momente ein und transportiert Emotionen. 
Er konnte die neue Canon EOS R5 bereits eingehend testen und präsentiert Dir hier seinen Erfahrungsbericht:

 

Die Canon EOS R5 - Ausführlicher Testbericht nach 30 Tagen, 18 erledigten Aufträgen und über 15K Fotos 

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Vorwort, oder eher Vorwarnung

„In Zeiten von Youtube und 20min liest doch niemand mehr einen Kameratest, der länger als das Fazit ist“. Dies das Feedback eines Kollegen, welchem ich diesen Testbericht unter die Nase gehalten habe, bevor er veröffentlicht wurde. Das sind ja mal gute Voraussetzungen. Womöglich hat er sogar Recht, wenn ich mein eigenes Leseverhalten reflektiere. 

Einleitung

„Hey mein lieber Schatz. So cool, Canon bringt eine neue Kamera auf den Markt. Die sieht für einmal schon auf dem Papier wahnsinnig gut aus. Die kann im Fall 8K, jetzt wo ich ja ein bisschen anfange mit filmen, ach und 2 Speicherkarten Slots und natürlich nicht zu vergessen ein besserer Sensor, super AF und...“ Es folgten lange Minuten technisches Blabla meinerseits wovon sie wahrscheinlich weniger als 5% verstand und am Schluss wohlwollend und vielleicht auch ein bisschen erschöpft einwilligte. „Ach Schatz, ich weiss doch wie gerne du neue Kameras magst, du darfst dir gerne eine kaufen wenns drin liegt. Du könntest mir sonst wiedermal einen Massage Gutschein schenken?“. 

Ein paar Wochen später sitze ich nun also hier und überlege mir gerade ernsthaft, wann ich das letzte Mal mehr als eine Handvoll aneinandergereihte Sätze niedergeschrieben habe. Kann ich das überhaupt noch in Zeiten von Sprachnachrichten und Emojis? Eigentlich konnte ich es nie, wenn ich an den Deutschunterricht am Gymer zurück denke...

Ich probier’s trotzdem. Vielleicht wird es ja besser, wenn ich über etwas schreiben darf, wofür ich mich definitiv mehr interessiere als das Buch „Die Verwandlung“ von Fritz Kafka, oder wars Franz? 

Wie testet man(n) eine Kamera?

Als die erste Lieferung der Canon EOS R5 bei Foto Video Zumstein in Bern eintrudelte, begab ich mich noch am selben Abend mit meiner brandneuen R5 und dem RF 15-35mm auf einen Abendfotowalk durch Thun. Ich darf ja schliesslich in Zusammenarbeit mit Foto Video Zumstein einen Test-/ Erfahrungsbericht schreiben. 

Nach nur einer Stunde Fotowalk habe ich gemerkt, das wird nichts. Irgendwelche Ecken in Thun fotografieren, ohne Plan und Auftrag und nur mit Ziel die Kamera zu testen, so funktioniere ich nicht. Ich will nicht wie viele bekannte Kameratester, Youtuber und Influencer nach nur einem Tag einen „Firstlook“ und nach 3 Tagen ein „Comprehensive Review (ausführlicher Test)“ raushauen mit Bildern der eigenen Katze bei ISO 6400 und 5 Stops unterbelichteten Studioszenen. Eigentlich sollte ich das nicht so sagen, es tönt schon recht arrogant, andere zu kritisieren ohne selber je einen Testbericht geschrieben zu haben. Ich habe in den letzten Jahren ja selber viele solcher Tests aufmerksam gelesen und finde, diese haben total ihre Berechtigung. Meinen eigenen Bericht möchte ich aber trotzdem irgendwie anders schreiben. Ein echter Erfahrungsbericht eben. Von realen Aufträgen und unter echten Bedingungen. Ehrlich, ausführlich und offen. Schnell merke ich: „Wo fange ich bloss an, ohje das wird herausfordernd... wenn wir doch nur eine Katze hätten“. 

Ausgangslage

In den letzten 14 Monaten habe ich nur noch spiegellos gearbeitet. Werbeaufträge konnte ich praktisch ausschliesslich mit meiner Fujifilm GFX 100 bewältigen, Hochzeiten und kleinere Lifestyle Shoots mit der Canon EOS R. Bis heute bin ich mit beiden Systemen sehr zufrieden und es bestünde eigentlich kein Grund für einen Wechsel. Ausser dem Fehlen eines zweiten Speicherkartenslots bei der EOS R. Aber ich bin halt eben auch Fan von neuer Technik, informiere mich gerne laufend über neue Produkte und teste diese auch mega gerne aus. 

Seit ich am 3. August bei meinem misslungenen Fotowalk das erste Foto mit der R5 gemacht habe, konnte ich die Kamera bei mittlerweile 18 kleineren und grösseren Aufträgen einsetzen. Dabei entstanden insgesamt über 15’000 Aufnahmen bei folgenden Aufträgen: 
4 Hochzeiten 

2 Lifestyle Shoots
8 Werbeaufträge für verschiedene Firmen und
4 Architekturaufträge 

Über die Qualität meiner Arbeit oder die der Kamera sagt das natürlich nichts aus, aber immerhin kann ich jetzt guten Gewissens sagen: Ich habe die R5 intensiv während 30 Tagen bei verschiedenen realen Aufträgen getestet. Bei praller Sonne und über 30°C, bei Regen und Kälte, Indoor, Outdoor, Freihand, ab Stativ, mit Blitz, mit hohen ISO Werten, langen Verschlusszeiten, unter Druck, mit viel Zeit usw. 

Wie bereits angetönt, ich bin kein Kameratester oder Experte. Ich will kein Besserwisser sein oder belehrend rüberkommen. Ich möchte euch einfach erzählen, was ich so mache und wie die Canon EOS R5 bei mir im Alltag funktioniert. 

Der erste Auftrag, die ersten Eindrücke

Mein erster Auftrag war ein Sonnenaufgangsshooting mit einem wunderbaren jungen Paar und ihrem super süssen Hund auf der Melchsee-Frutt. Als Backup hatte ich die EOS R dabei. Sie blieb unbenutzt. Ich habe mich von der ersten Sekunde an sehr sicher und wohl gefühlt mit der R5. Objektive hatte ich zwei dabei, das Canon RF 50mm F1.2 und das Sigma 28mm F1.4 mit dem „EF-RF mit Steuerungsring Adapter“. 
Während dieses ersten Shoots sind mir sofort folgende Dinge aufgefallen: 

  • Dass ich unbedingt eine CF Express Speicherkarte kaufen sollte, sonst wird das mit dem internen Backup nichts. 
  • Das Auslösegeräusch ist sehr leise und für mich sehr angenehm. 
  • Die „Reihenaufnahme schnell und schnell+“ ist wirklich schnell. Also so Maschinengewehr-schnell.
    Ich schäme mich es zu sagen, aber ich Kamel habe an diesem Shoot in 4.5h inkl. Wandern und Kaffeepause über 2’000 Fotos gemacht. Ich habe daraus gelernt und arbeite seit diesem Erlebnis zu 80% mit „Reihenaufnahme langsam“. 
  • Die Bauweise der Kamera ist hochwertiger als bei der Canon EOS R und das Gefühl beim Arbeiten sehr gut. 

Da wir leider etwas zu spät dran waren und es an diesem Morgen wirklich kein einziges Wölkchen am Himmel hatte merkte ich sehr gut, dass mit der schnell steigenden und greller werdenden Sonne der elektronische Sucher wirklich überzeugend ist. Flüssiger, heller und irgendwie recht gross hatte ich den Eindruck. Und trotzdem, wenn die Sonne mir so schräg auf mein dominantes Auge zündet (Brillenträger), sehe ich im Sucher kaum noch was. Ist aber bei anderen Kameras auch so. 

Den Akku musste ich gegen Ende des Shootings wechseln. Ich habe die Kamera zwischendurch immer wieder ausgeschaltet.
Zurück im Büro verlief das konvertieren der RAW Files in DNGs einwandfrei. Mittlerweile unterstützt Adobe das Dateiformat der R5. 

Die erste Hochzeit (und weitere)

An Hochzeiten setze ich immer zwei Kameras gleichzeitig ein. Rechts an meinem Holdfast Moneymaker Gurt baumelt meist ein 50/85mm Objektiv und links ein 24/28/35mm. Seit ich das Canon RF 28-70mm F2.0 besitze, oft auch dieses, anstelle einer Festbrennweite. Da ich an dieser wunderschönen Berghochzeit in Zermatt erst eine EOS R5 hatte, benutzte ich diese sehr viel häufiger als die alte  EOS R. Zum Teil bewusst, zum Teil unbewusst. Das Feeling der Handhabung ist bei der R5 viel hochwertiger. Ich fotografiere damit lieber, alles reagiert schneller und jetzt kommt’s, der Autofokus ist... 

Autofokus

...wirklich unglaublich gut! Die Kamera (und alle RF und EF Linsen welche ich getestet habe) fokussiert wahnsinnig schnell, vor allem bei Gesichtern. In schwierigen Gegenlicht Szenen genau so gut wie bei sehr sehr wenig Licht, Outdoor unter einer Lichterkette und ISO 8000. Folgend ein paar praktische Tipps bzw. Einblicke wie ich die Kamera konfiguriert habe: 

Die Auswahl verschiedener AF-Methoden habe ich eingeschränkt. Mir reichen Gesichtserkennung, Einzelfeld und AF-Zone. 5 weitere Methoden habe ich deaktiviert. So kann ich mit max. zwei Knopfdrücken durch die drei Methoden durchscrollen. Mega praktisch. 

Schon wie bei der EOS R benutze ich zu 99% den Servo-AF. 
Der Joystick ist zurück, worüber ich mich sehr gefreut habe. Dennoch verwende ich diesen sehr selten, was verschiedene Gründe hat: 

  • Die Touch&Drag Funktion. Gewohnt von der EOS R benutze ich das Feature dauernd und bin damit viel schneller, wenn ich mit meinem Daumen auf dem Display das AF Feld umher schiebe. Dies funktioniert bei der R5 viel flüssiger und präziser als bei der EOS R. 
  • Wenn ich vor allem Personen fotografiere, benutze ich zu 95% die Gesichts- bzw. Augenerkennung, kein Grund zum selber AF Punkte wählen. 
  • Ich fotografiere sehr viel nur noch über das Display. Dort drücke ich einfach mit dem Finger aufs Objekt und der AF bleibt dort, auch wenn ich den Bildausschnitt ändere. Kein Grund den Joystick zu brauchen. 

Mich erstaunt die AF-Perfomance wirklich sehr. Vor allem wenn man viel mit grossen Blendenöffnungen (F1.2-F2.0) fotografiert ist die Präzision erstaunlich. Wenn Bilder nicht richtig fokussiert sind, liegen die Gründe meist nicht beim AF der Kamera sondern bei mir. Es kommt einem vor wie in einer längst vergangenen Zeit, als ich mit der EOS 5D Mark III oder Mark IV und dem Canon 50mm F1.2 oder den ersten Sigma Art Objektiven immer rasch überprüfen musste, ob immerhin eines von 5 Bildern im Fokus war. Ich übertreibe ein bisschen ich weiss, aber es gab Objektive, da war es wirklich schlimm. Das hat mich oft verunsichert. Diese Zeiten sind nun vorbei. 

Etwas noch: Ich habe den AF-ON Button mit der Funktion „AF Augenerkennung“ belegt. Wenn ich also nicht im Gesichtserkennungs AF Modus bin, kann ich durch das Gedrückthalten des AF-ON Buttons auf ein Gesicht im Bild fokussieren. Sobald ich den Knopf loslasse kann ich wieder den Zonen AF oder Einzelfeld AF verwenden. Ich glaube Sony Kameras haben das auch, ich finde die Funktion genial. 

Akkulaufzeit 

Ja, was man so liest stimmt. Für einige ist der Akkuverbrauch OK, für andere nicht so recht und einige Wenige finden ihn sogar richtig mies. Ich bin irgendwo in der Mitte anzusiedeln. Meine Erfahrung an dieser sehr heissen Hochzeit in Zermatt (und anderen) zeigen, rund 1.5h bis 2.5h Hochzeitsreportage pro Akku und EOS R5. Für eine 10h Hochzeit mit 2xR5 brauche ich 8 Akkus. Da ich selber nicht so viele original Canon Akkus habe, schon gar nicht von den Neuen und sich die Patona Premium Akkus noch schneller entladen (sie funktionieren aber immerhin), nahm ich bisher jeweils immer 2 Ladegeräte mit. Die leg ich beim Apéro und Abends dann irgendwo in einer Ecke unter einen Tisch und bin beruhigt. Nötig wars bisher nicht, aber eben sicherer. Lohnt sich auch, wenn man zwei lange Aufträge an zwei aufeinanderfolgenden Tagen fotografiert. 
Werbeshootings haben meist mehr Pausen und sind weniger intensiv. Da reichen die Akkus dann etwas länger. 

Der Preis für einen neuen LP-E6NH liegt bei rund 110.-, das finde ich recht hoch. Ich hoffe die Preisen fallen da noch etwas, die "alten" LP-E6N kosten ein bisschen weniger mit ca. 90.- 
Mit den neuen LP-E6NH Akkus hat man die Möglichkeit, die Batterie über USB direkt in der Kamera aufzuladen. Mit den älteren Akkus ist das nicht möglich, verwenden kann man sie aber nach wie vor auch in der neuen Canon EOS R5.

Für mich sehr störend ist der Fakt, dass sich die Batterie gegen Ende hin schneller entlädt als am Anfang. Von 30% runter in den roten Bereich kann es also in ein paar wenigen Minuten gehen. Abhilfe schaffe ich mir, indem ich in der linken Hosentasche immer 2 volle Akkus habe und rechts die leeren, bevor ich diese auflade oder in der Tasche versorge. 

Silent Shutter, Rolling Shutter, Banding 

Mit sehr grosser Hoffnung aber nicht riesigen Erwartungen habe ich den elektronischen Verschluss getestet. Wie schon bei diversen anderen Kameramodellen hat mich die Vorstellung, komplett geräuschlos fotografieren zu können, schon immer sehr angesprochen. Bei Hochzeiten, Podiumsdiskussionen am WEF in Davos, Firmenanlässen oder während Filmaufnahmen am Set einfach weiterarbeiten zu können ohne zu stören wäre schon top. Leider war es aber aufgrund starker Rolling Shutter Effekten oder Banding bei künstlichen Lichtquellen für mich bisher nie möglich, dieses Feature konsequent einzuschalten. 

Die R5 ist in dieser Hinsicht besser, jedoch oftmals nicht gut genug für meine Ansprüche. Der Rolling Shutter, dh. das Verzerren des Bildes tritt immer noch auf, aber eben zum Glück viel weniger als bei einer Fujifilm GFX50 (Katastrophe) oder eben bei der EOS R. Wenn ich die Kamera nicht mitschwenke oder drehe funktioniert es recht gut, bei zu starken Kamerabewegungen ist es aber vorbei mit geraden Linien. 

Banding bei künstlichen Lichtquellen, also sichtbare Streifen verschiedener Farben oder Helligkeiten, tritt ebenfalls auf, viel zu stark für meinen Geschmack. Die Funktion „Anti Flacker Aufnahme“ welche leider beim elektronischen Auslöser nicht eingeschaltet werden kann, hilft zumindest beim mechanischen Auslöser extrem gut. 

Da der Shutter aber von Natur aus bereits sehr leise ist, sah ich in den letzten 30 Tagen keinen Grund, auf den elektronischen zu wechseln. Früher oder später wäre ich aber sicher froh um den elektronischen Shutter und da heisst es dann halt: kurz testen mit den vorherrschenden Bedingungen bevor ich 2h durchfotografiere und dann später im Büro alles unbrauchbar ist. 

Dies und das

Der Rate Button ist zurück. Ich liebe ihn. Bei kurzen Pausen während eines Auftrags kann ich damit direkt einige Favoriten markieren. Zurück am Mac/PC kann ich mir z.B. in Photo Mechanic oder Bridge nur die mit einer Bewertung versehenen Fotos anzeigen lassen und diese in Lightroom importieren und bearbeiten. Innerhalb von 1h stehen dem Kunden 20-30 fixfertig bearbeitete Bilder zur Verfügung. Gerade nach Hochzeiten ist das wirklich super, um dem Paar eine Freude zu bereiten. 

Es gibt neu C-RAW, also eine komprimierte RAW Datei, welche rund die Hälfte an Speicherplatz benötigt. 

Die JPEGs aus der Kamera sind sehr sehr gut. Das neue HEIF Format habe ich nicht getestet. 

Der IBIS ist genial. Je nach Objektiv sind 1-2 sec Belichtungszeiten ohne Stativ und mit akzeptabler bis sehr guter Schärfe absolut realistisch. Mit dem RF 15-35mm F2.8 allenfalls sogar noch etwas länger. Beim RF 28-70mm F2.0 liegen auch deutlich längere Belichtungszeiten drin als früher bei der EOS R. Da ich gerne so leicht und flexibel unterwegs bin wie möglich und rasch agieren will, verzichte ich gerne auf alles was nicht unbedingt nötig ist. In vielen Fällen, auch gerade bei Reisen mit vier Kindern, werde ich wohl nie mehr ein Stativ mitnehmen. Aber auch im beruflichen Umfeld kann ich zwischendurch rasch einen Schnappschuss einer Pflegefachfrau auf einem Spitalgang machen, etwas länger belichten und so deren Bewegung darstellen ohne ein Stativ aufzustellen und allen im Weg zu stehen. Ich merkte aber, dass ich besser aufpassen muss, dass ich mit der Belichtungszeit nicht zu weit runter gehe und so Bewegungsunschärfe erhalte wenn ich diese gar nicht möchte. Passierte mir schon ein paar Male. „Cool der IBIS, ich kann mit dem 50mm nun bei 1/30sec wunderbar scharfe Bilder erstellen.“ Dumm nur, wenn sich der Vater der Braut bei seiner Rede immer leicht hin und her bewegt, mit den Händen gestikuliert und 80% der Bilder schlussendlich zu viel Bewegung drin hatten. Eigentlich ja logisch, aber hatte da wohl einen kurzen schwachen Moment. 

Die RAW Entwicklung in der Kamera funktioniert super. So kann ich mir rasch ein entwickeltes JPEG aufs Handy oder Tablet beamen und innert kürzester Zeit an jemanden versenden. Ich verwende die Funktion relativ oft. 

Die Canon „Camera Connect“ App auf dem iPhone funktioniert besser und stabiler als in der Vergangenheit und deutlich schneller dank optimierter WiFi Verbindung. 

Die Möglichkeit Mehrfachbelichtungen direkt in der Kamera zu erstellen ist wie gewohnt super. Ich benutze sie leider viel zu wenig, funktioniert meiner Meinung nach aber viel besser als bei anderen Marken. Ja ich weiss, es geht viel einfacher in Photoshop. Für mich hat es aber auch einen gewissen Charme, wenn es direkt in der Kamera funktioniert hat. 

Was mir leider extrem fehlt und ich gerne gehabt hätte wäre, wie bei einigen Fujifilm Kameras, dass ich beim Live View oder im Sucher bereits die überbelichteten, blinkenden Highlights sehe. Und eben nicht nur im Histogramm oder nachdem ich abgedrückt habe, sondern live. Zebras sehe ich somit leider nur im Zoo oder im Videomodus (Hahaha der war schlecht, sorry). 

Der Flipout Screen ist ein Feature, auf das ich wohl nie mehr verzichten möchte. Wie bereits erwähnt, fotografiere ich mittlerweile wahrscheinlich zu über 80% über den Screen. Da ich mich selber weniger bücken, runter knien, verdrehen und verrenken muss, bin ich eher gewillt, die Kamera nicht immer in der gleichen Höhe und Position vor dem Kopf zu halten. Gerade an längeren Shoots wenn man langsam müde ist, kann ich so sehr einfach ab und zu ein paar Bilder aus einer tiefen Perspektive einbauen. Der Screen hilft mir vielseitigere Perspektiven einzunehmen und Dinge auszuprobieren. Richtig schade ist es, dass die automatische Umschaltung auf den Sucher nicht mehr funktioniert, sobald das Display ausgeklappt ist. Ich muss den Screen also jedes Mal bis zu einem gewissen Grad rein klappen um den EVF zu verwenden und danach wieder rausklappen. Das wäre was fürs Firmware Update. 

image.canon Service 

Der neue image.canon Service hat meiner Meinung nach grosses Potential. Die Fotos werden bei einer WiFi Connection im Hintergrund auf den Canon Server hochgeladen, von dort automatisch auf Google Drive und werden schlussendlich von dort aufs eigene NAS und ins Lightroom synchronisiert. Somit stünden die Bilder sofort zur Verfügung wenn man zurück am Arbeitsplatz ist. Ich habs eingerichtet. Einiges funktioniert aber nicht besonders schnell. Auch der Dienst fürs automatische Senden an Adobe Lightroom ist eingerichtet, die Übertragung funktioniert bisher aber nicht. Bei Google Drive funktioniert alles. Weiter habe ich noch nicht getestet, werde es aber weiter verfolgen und gebe dem Service noch etwas Zeit. 

Bildqualität, Farben, Workflow

Die Bildqualität ist hervorragend. Eigentlich wie bei jeder neuen Kamera welche auf den Markt kommt, oder? Die eine Marke ist ein klitzekleines bisschen besser in dem, die andere in jendem. Es gibt keine wirklich schlechten Kameras heutzutage und wenn ich es mit der R5 nicht schaffen würde, qualitativ hochwertige Fotos aufzunehmen, läge das Problem wohl eindeutig bei mir. Nun aber etwas konkreter, man verzeichnet in allen Bereichen, im Vergleich mit vorgängigen Canon Kameras, deutliche Verbesserungen. 

Diese beiden Aufnahmen wurden jeweils um 4.5 Stops aufgehellt

Der Dynamikumfang ist sehr gut und ich kann die Files sehr weit pushen. Gerade bei den Innenarchitekturaufträgen konnte ich bewusst recht dunkel fotografieren um die hellen Bildbereiche nicht zu beschneiden und konnte die dunklen Bereiche des Bildes in der Bearbeitung ohne grossen Qualitätsverlust aufhellen. Der Spielraum bei den Highlights ist leider deutlich weniger gross, auch nur wenig überbelichtete Bereiche in der Haut oder in einem Brautkleid sind nicht mehr zu retten. Das ist allgemein bekannt und ist halt bei der R5 nicht revolutionär besser geworden. 

 Aufgenommen mit ISO 6400 und ISO 8000

Bild unten: Out of camera, unbearbeitet RAW

In meinem Schaffen bei Reportagen und an Events wie Hochzeiten ist es für mich sehr wichtig, dass meine Kameras auch bei hohen ISO Werten gute Ergebnisse abliefern. Manchmal erfordert es die Situation, dass ich den ISO Wert sehr hoch ansetze um den Moment noch festhalten zu können. Wenn dabei die Qualität noch akzeptabel bis gut ist und ich noch ein bisschen was daran rumschrauben kann, ohne dass das Bild komplett zerfällt, ist das der Hammer. Ich werde die Canon EOS R5 bis ISO 12’800 mit gutem Gewissen einsetzen, darüber nur in Notfällen und mit tieferen Ansprüchen. Bei der EOS R war bei mir ab ISO 6’400 fertig. Toll, dass die R5 trotz deutlich mehr Megapixeln auch ein deutlich besseres Rauschverhalten aufweist. 

Die RAWs aus der Kamera bieten bezüglich Farben eine wunderbare Ausgangslage. Gegenüber meinen anderen Kameras musste ich meinen Workflow beim Bearbeiten nicht gross anpassen. Meine Lightroom Presets funktionieren sehr gut und ich gelange gewohnt schnell zu den Resultaten die ich mir wünsche. Zudem lassen sich die Liveview- und die Sucher Anzeige in Farbton und Farbkorrekturen nach Belieben anpassen. Oft arbeite ich auch im Bildstil „Monochrom“ mit Gelb-Filter und starkem Kontrast. So sehe ich die Welt im EVF und auf dem Screen in Schwarz und Weiss und kann dabei bewusster auf Kontraste und Lichteinfall schauen, ohne von den Farben abgelenkt zu werden. In Lightroom steht dann natürlich das farbige RAW Bild zur Bearbeitung zur Verfügung. 

Der Sprung von den 30 Megapixel Files auf die 45 Megapixel der Canon EOS R5 macht sich sicherlich bemerkbar im Workflow und in der Datenmenge. Inzwischen besitze ich zwei EOS R5, die beide mit jeweils einer 256GB CF Express Speicherkarte und einer 128GB SD als Backup ausgestattet sind. Die 128GB SD Speicherkarte pro Kamera reicht mir gerade noch so knapp für eine 12h Hochzeitsreportage (rund 2’500 Bilder finden darauf Platz). Ich muss jetzt mal die C-RAW Einstellung testen, dann sollte ich mit dem Platz gut auskommen. Ob die C-RAW Dateien Nachteile bieten, kann ich leider noch nicht sagen. Wenn ihr da bereits Erfahrungen gemacht habt, würde ich mich freuen von euch zu hören.
Da ich die grossen 100 Megapixel Dateien der Fujifilm GFX gewohnt bin, ergeben sich mit den R5 Files sonst keine Nachteile bezüglich Geschwindigkeit in der Bearbeitung. 

Die CF Express Karten sind wirklich mega schnell. Ich würde diese am liebsten als externe Festplatte einsetzen, so sehr hat mich die Geschwindigkeit beeindruckt. Aber sie sind eben auch sehr teuer. Mit einem Cardreader und zwei Karten ist man schnell mal bei Investitionskosten von CHF 600.- und mehr, je nach Kapazität und Marke. 

 

Video

Leider konnte ich die Videofunktionen noch gar nicht testen. Ich bezeichne mich auch überhaupt nicht als Videographen und bilde mir auch nicht ein, mich gross mit der Materie auszukennen. Daher bleibt es mir nur, Dich zu ermutigen, Deine eigenen Erfahrungen damit zu sammeln. Ich habe in naher Zukunft einige kleinere Videoaufträge und freue mich, die R5 dabei einzusetzen. 

Fazit

Die Canon EOS R5 ist für mich ein Profitool, dass ich sehr gerne und sehr erfolgreich in meinem Alltag als Vollzeitfotograf einsetze. Gegenüber früheren Canon Modellen bietet sie bereits auf dem Papier sehr viel und überzeugt mich in der Praxis. In vielerlei Hinsicht nimmt mir die Kamera meine Arbeit ab und schafft somit Platz in meinem Kopf für den kreativen Prozess. Bildqualität, Verarbeitung, Autofokus, Handling, Zuverlässigkeit (Foto) und die unglaublichen RF Objektive überzeugen mich extrem. 

Aber wie bei allem im Leben gibt es auch Dinge, die für mich nicht perfekt sind: Akkulaufzeit, keine Überbelichtungswarnung im Sucher im Fotomodus, dass der EVF nicht funktioniert wenn ich das Display rausgeklappt habe, der hohe Preis fürs ganze System (Kamera, CF Express Karten, Reader, Akkus), dass es keine M- und S-RAW Funktionen mehr gibt und dass Banding und Rolling Shutter bei elektronischem Verschluss immer noch nicht genügend unter Kontrolle sind, ist schade aber zu verkraften. 

Für mich ist die Canon EOS R5 genial. Eine hochwertige Kamera die hoffentlich ihren Teil dazu beitragen wird, dass ich meine Kunden immer wieder mit meinen Arbeiten zu begeistern vermag. 

Und jetzt sollte ich wohl endlich meiner Frau den Massage Gutschein besorgen. 

Tschüss zäme, merci für ds ineluege... Phil

 

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