Flo Wyss, Remo Neuhaus und Chrigu Aebi von Frameconnection decken für Kunden in der ganzen Schweiz das Thema Video und Fotografie ab. Sie sind immer wieder für tolle Projekte mit zumirent.ch Mietmaterial unterwegs. Soeben durfte Frameconnection das BSC YB Meistershooting für das bereits vierte YB Meisterbuch begleiten. Flo Wyss war mit der Sony Cinema Line ILME FX3 am Start. In seinem Beitrag vergleicht er die drei Kameras, Sony Cinema Line ILME FX3, RED Komodo und die Canon EOS C70 und zeigt uns deren Vor- und Nachteile aus Sicht eines Filmschaffenden.

 

Das Dilemma

"Ich bin 2009, mit dem Erscheinen der Canon EOS 5D Mark II, zu einem überzeugten DSLR-Filmer geworden. Die ersten Müslüm Clips wurden damit gedreht und viele andere Aufträge erfolgreich umgesetzt. Bei all meinen Arbeiten war sie immer ein überzeugendes und stets zuverlässiges Arbeitstier. Noch heute begleitet sie mich manchmal als B-Cam.

Erst 2018 habe ich dann von meiner EOS 5D Mark II zu einer Mark IV aus zweiter Hand gewechselt. Endlich konnte ich mich bei der Arbeit mit meinem Gimbal auch auf einen funktionierenden Autofokus verlassen. Im Grunde genommen hatte die 5D IV jedoch aus der Perspektive eines Filmers nicht wirklich viel mehr als seine Vorgänger zu bieten. Also hoffte ich weiterhin auf eine revolutionäre Neuerscheinung, die mir den Wunsch nach einer Kamera der neusten Generation, mit voller Überzeugung erfüllen würde.

Dann 2020 das verhängnisvolle Jahr: Release der RED Komodo, der Canon C70, und der Sony ILME FX3. Drei Kameras, die meine Aufmerksamkeit sofort geweckt hatten. Ich lasse mir mit meinen Entscheidungen immer etwas Zeit und warte jeweils das Ende der Hypes ab, bevor ich eine Wahl treffe. Inzwischen konnte ich alle drei Kameras testen.

Zurzeit schlägt mein Herz für die Sony ILME FX3 - Warum?

Die RED Komodo ist eine sehr cineastische Kamera. Die kompakte Grösse, der Global Shutter und die umwerfend umgesetzte RED Control App haben den Test zu einem echten Erlebnis gemacht. Wie bei RED üblich, sind die Kameras auf den Gebrauch der vollen Auflösung ausgerichtet. Im Fall der RED Komodo auf 6K. Was bedeutet, dass jede kleinere Auflösung einen bedeutenden Crop-Faktor zur Folge hat. Dieser, für mich hinderliche Umstand, konnte auch durch das verführerische RED-Codec nicht wett gemacht werden. 6K ist für mich nicht interessant, da meine Arbeiten schlussendlich meist eh online und somit in maximal FullHD-Auflösung gezeigt werden. Der Workflow in der Post-Produktion wird für mich bei 6K extrem verlangsamt und bei zusätzlichen RAW-Daten fast verunmöglicht. Natürlich könnte ich meinen Computer aufrüsten aber das liegt mir finanziell zurzeit fern.

Die Canon EOS C70 war die Kamera, die ich mir von Canon seit Jahren sehnlichst gewünscht hatte - eine weitere Revolution in der Canon Familie. All ihre Features schienen zu überzeugen: Vorne weg die ND-Filter, dann die interne Tonverarbeitung, das Gehäuse und natürlich der Autofokus. Ich durfte die Kamera mehrere Male einsetzen. Immer wieder war ich zuerst von der Grösse des Gehäuses irritiert und ich habe mich jeweils gefragt, ob ich wirklich mit dieser grossen Kamera à la Canon EOS 1D X arbeiten will. Aber am Ende des Tages wollte ich sie nicht mehr aus der Hand geben. In der Post-Produktion wurde ich dann aber wieder stutzig und Ernüchterung kam schnell. Der Import des XF-AVC 422 10Bit Formats und das anschliessende Umrechnen in ProRes422 für meinen FCPX-Workflow braucht selbst bei Proxi-Medien für meinen Geschmack zu lange. Eigentlich hätte ich am liebsten meinen Atomos Ninja V per HDMI eingesetzt, um direkt ein ProRes422-Format zu erhalten, doch der Ninja V hätte zusätzliches Gewicht bedeutet. Dann ist da noch die Sache mit den Farben. Irgendwie überzeugt mich der Canon-Farbcharakter insgesamt nicht mehr. Zwar habe ich durch das vorhandene C-Log weit mehr Möglichkeiten als bei meiner Canon EOS 5D IV, doch auch hier setzt sich der Farbcharakter von Canon früher oder später durch. Gerade heute, wo Social Media-Content einen wichtigen Teil meines Umsatzes bedeutet, brauche ich zeitweise Farben die knallen, ohne zusätzlichen Aufwand in der Bearbeitung. Und dann ist da noch der S35-Sensor. Ich bevorzuge den Look des Vollformat-Sensors und habe inzwischen auch alle meine Objektive darauf ausgerichtet. Daher hätte ich mir einen Vollformat-Sensor gewünscht. Für alle, die noch viele EF-Objektive im Einsatz haben, kann die Kombination des Canon EF-EOS R 0.71x Bajonettadapters in Verbindung mit dem S35-Sensor allerdings sehr spannend sein. Durch den Adapter wird der Crop-Faktor des Super 35 Sensors eliminiert und man gewinnt sogar noch eine Blendenstufe. Dadurch wird quasi ein Vollformatsensor imitiert. 

Dann folgte die Sony ILME FX3. Eine A7S III in einem robusten Gehäuse. Die A7-Serie hat es mir nie richtig angetan. Die Kameras waren mir zu klein und zu leicht. Bei der FX3 ist das anders. Direkt beim ersten Mal als ich die Kamera in den Händen hielt, fand ich das Design des Gehäuses überzeugend. Einzig das Display war mir zu Beginn mit seinen 3 Zoll irgendwie zu klein. Doch, wie sich herausstellte, war es nur eine Frage der Zeit bis ich mich daran gewöhnt hatte. Der Autofokus der FX3 überzeugt voll und ganz und das geringe Gewicht der Kamera ermöglicht einen sorglosen Einsatz des Gimbals. Dank dem Vollformatsensor und einem passenden Adapter kann ich zudem meine geliebten Leica R Objektive ohne Crop-Faktor einsetzen. Ich muss also eigentlich nur meine 24-70mm Standardlinse durch eine Sony E-Mount Optik ersetzen. Das kostet mich zwar einiges an Geld aber die Sony E-Mount-Serie überzeugt durch ihre Qualität. Der Workflow mit dem Sony XAVC 422 10Bit Format unterscheidet sich in der Post-Produktion nicht von meinem gewohnten Canon Workflow. Einzig habe ich durch das geringe Gewicht der Sony ILME FX3 wiederum die Möglichkeit, meinen Atomos Ninja V optimal einzusetzen. Was mir zudem die Möglichkeit bietet ein ProRes 422 oder gar RAW direkt aufzunehmen. Der Einsatz von S-Log, die unglaubliche low-light Performance (zwei verschiedene native ISO) und die grundsätzlich peppigeren Farben der Sony Kameras erfreuten mein Gemüt und brachten mir das Resultat, welches ich bei Canon seit langem vergeblich suchte. Einziger Wermutstropfen ist und bleibt wohl die umständliche Bedienung des Kamera-Menus. Damit kann ich mich bis heute nicht anfreunden aber das geht wohl jedem gewohnten Canon-User so.

Fazit

Als Fazit bietet mir aktuell die Sony Cinema Line ILME FX3 für meine Arbeitsweise auf Basis der Kompaktheit, der Bildqualität und der Farbwiedergabe das beste Preis-Leistungsverhältnis.

Aufgrund meiner aktuell irrationalen Loyalität zu Canon bleibt für mich zu hoffen, dass Canon bald eine kompakte Fullframe-Variante der Canon EOS C70 auf den Markt bringen wird und den Farbcharakter, sowie die Codecs an den Zeitgeist anpasst."


Die Canon EOS C70 bei zumirent.ch

Die Sony ILME FX3 bei zumirent.ch


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