Focus stacking foto video zumstein

Kurt Wirz verschafft Dir in diesem Blogbeitrag einen Einblick in die wunderbare Welt des Focus Stackings. 
Das Fotografieren kleinster Lebewesen und Objekte ist seine Leidenschaft. Hier erklärt er, wie viel Aufwand hinter den Bildern steckt, die uns neue Sichtweisen auf die kleinen Dinge ermöglichen. 

"Aufgewachsen bin ich in einer Familie, in der das Natur- und Fotointeresse, beruflich und im Bereich Hobby, seit Generationen Tradition hat.
Da das gut Sichtbare oft schon fotografiert und besprochen war, suchte ich als Jugendlicher das Neue im Kleinsten, das war dann meine eigene Nische.
Mikroskopieren war für mich ein Blick in die Welt der kleinen Wunder.

Um mit meinen begrenzten finanziellen Möglichkeiten, nach meiner Ausbildung, die kleine Welt festhalten zu können, ergänzte ich das Mittelformat (mit Rolleiflex und Zenza Bronica), mit dem Kleinbildformat durch Nikon und erwarb in den 70er Jahren mein erstes Balgengerät. Bei der Anfertigung der Bilder auf Fotopapier, mit einem DURST Vergrösserer, unterstützte mich mein Bruder (Photolithograph).

Beruflich arbeitete ich zu dieser Zeit als Reprofotograf an einer Klimsch Zweiraumkamera. Sie besass wohl ein viel grösseres Aufnahmeformat, doch der Abbildungsmassstab entsprach dem Bereich der Makrofotografie. Dabei lernte ich die Besonderheiten in diesem Bereich des Abbildungsmassstabes gut kennen und vor allem auch was fotografisch an Qualität machbar ist.

Auch wenn mit der förderlichen Blende im Bereich des vergrössernden Abbildungsmassstabes fotografiert wird, ist die Schärfentiefe bei dreidimensionalen Objekten manchmal so gering, dass das Objekt nicht mehr erkannt wird. Die kritische Blende mit einer etwas höheren Auflösung aber noch geringerer Schärfentiefe kann meistens nicht angewendet werden. Will man einen Überblick, so dass das Objekt gut erkannt werden kann, muss die Blende stark geschlossen werden, was einen Verlust an Auflösung mit sich bringt.

Für den Bereich der "Schönen Fotografie", waren solche Bilder nicht geeignet, jedoch für wissenschaftliche und dokumentarische Zwecke. So fotografierte ich z.B. Farnpollen zur systematischen Bestimmung der Pflanze, Embryonen in Fischeiern zur Dokumentation ihrer Entwicklung und dergleichen. Ich fertigte interessante Bilder an, die man aber nicht als schön bezeichnen konnte.

Vor etwas über 10 Jahren wechselte ich, vor allem im Bereich der Mikroskopie, zur digitalen Fotografie, mit einer Nikon D300. Kurz darauf lernte ich eine Software kennen, die den Schärfentiefebereich erweiterte, das Focus Stacking. Eine geeignete Software ist zum Beispiel Zerene Stacker oder Helicon Focus.

Nun ging mein inzwischen fast 40-jähriger Traum in Erfüllung, schöne Bilder im Makro- und Mikrobereich herstellen zu können.

Focus Stacking

Focus Stacking ist nicht nur eine Möglichkeit die Schärfentiefe zu erweitern, sondern auch die Bilder mit der höchst auflösenden Blende (kritische Blende) anzufertigen. Das Resultat sind Bilder mit einer in der Tiefe durchgehenden und maximal machbaren Auflösung.

Farben, Formen und eine ansprechende Bildgestaltung sind seither mein Ziel in der "Schönen Fotografie".

Die digitale Makro- und Mikrofotografie bietet die Möglichkeit, sich mit der Natur, ihrer Schönheit, der Entwicklung und Zusammenhängen auseinander zu setzen und sie kennen zu lernen. Für den technisch-optisch interessierten Fotografen bieten sie einige Herausforderungen, wobei auch immer für Unterhaltung gesorgt ist. Das Ergebnis sind nicht alltägliche Bilder, die als schön und interessant empfunden werden können.

Betreibt man die Fotografie auch als Hobby, besteht ein grosser Vorteil darin, dass man frei von einem Auftrag ist und entsprechend dann ein Objekt fotografiert werden kann, wenn es reif ist und es sich in einem schönen und interessanten Stadium befindet.

So mache ich mich oft anhand meiner Jahresliste mit Daten, wann ein Objekt reif ist, in der Natur auf die Suche danach. Manchmal entdecke ich dabei auch zufälligerweise ein totes Insekt oder ein anderes interessantes Objekt, das dann den Vorzug erhält.

Mit einer Lupe, unter dem Binokular oder Mikroskop, wird das Objekt begutachtet und gereinigt. Dabei erkenne ich, von welcher Perspektive und welchem Bildausschnitt mir ein Bild gefallen würde, entsprechend wird das Objekt an einer Halterung befestigt.

Material

Anhand des gewünschten Bildausschnittes wird der nötige Abbildungsmassstab, die Kamera und das passende Objektiv bestimmt.
Je stärker vergrössert wird umso kleinere Details werden sichtbar. Ist das Bildformat der Kamera gross, muss für den gleichen Bildausschnitt stärker vergrössert werden, was somit eine höhere Auflösung der Bilder zur Folge hat.

Für Vollformat sind Objektive gefordert, deren Bildkreisdurchmesser genügend gross sind und somit die Bildqualität an den Bildecken nicht sichtbar abnimmt. 

Bis zu einem Abbildungsmassstab von etwa 9:1 verwende ich deshalb Lupenobjektive (Zeiss Luminar) und Vergrösserungsobjektive (Rodenstock Rodagon). Diese sind sogar für das Mittelformat (z.B. 6x6cm) geeignet. 

Von Massstab 2.5:1 bis 5:1 verwende ich das Laowa 25mm f/2.8 2.5-5X Ultra Macro, das in seinem Bereich des Abbildungsmassstabes die höchste Auflösung besitzt, die ich je an Vollformat gemessen habe, dies vor allem auch in den Bildecken. Selbst wenn das Laowa 25mm am Balgen oder mit Zwischenringen bei einem Abbildungsmassstab von 8:1 eingesetzt wird, bildet es sehr gut ab.

Für 10:1 und stärkere Vergrösserungen verwende ich keine eigentlichen Fotoobjektive, sondern voll auskorrigierte Mikroskop Objektive, die für Auflichtbeleuchtung geeignet sind. Dies sind die Nikon MPlan Objektive, die für metallurgische Mikroskopie berechnet sind. Sie können ohne Zwischenlinse direkt am Balgen, auch für Fotografie, mit sehr guter Abbildungsleistung eingesetzt werden. Die Objektive projizieren das Zwischenbild direkt auf den Bildsensor der Kamera.

 

Arbeitsplatz

Für Focus Stacking werden mehrere Bilder benötigt, die ungefähr im Abstand eines Drittels der Schärfentiefe anfertigt werden. 

Dazu bringe ich das Objekt auf einen kleinen Tisch, der in meinem Fall an einem automatischen Makroschlitten (Stackshot) der Firma, Cognisys, montiert ist. Dieser lässt sich im Mikrobereich anheben oder absenken und verändert so die Distanz zum Objektiv und somit die Schärfenebene im Objekt.
Die Kamera ist fest am Kaiser Reprostand montiert.
Spezielle Aufmerksamkeit benötigt die Beleuchtung. Sie ist auch massgeblich für die sichtbare Auflösung im Bild zuständig. Unpassend gesetztes Licht kann ohne weiteres eine nur halb so hohe Auflösung im Bild ergeben.
Allgemein muss der Kontrast im Makro- und Mikrobereich der Fotografie nicht durch die Beleuchtung erhöht werden, sondern es ist ein eher grossflächiges, diffuses Licht von Vorteil. Mit den Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung kann nachträglich, wenn gewünscht, der Kontrast erhöht, aber nicht gemindert werden.

In der vergrössernden Fotografie muss speziell darauf geachtet werden, dass sich das Objekt während der Belichtungszeit nicht bewegt. Kleinste Erschütterungen reduzieren die Auflösung sichtbar. Es ist deshalb sinnvoll, wenn man sich mit der Blitztechnik vertraut macht. Blitzgeräte, deren Leistung gedrosselt werden kann sind von Vorteil, denn dadurch wird die Abbrennzeit des Blitzes kürzer. Mehrere Blitzgeräte erleichtern das Lichtsetzen und ein Diffusor ist unerlässlich.
Ist die Serie der Bilder angefertigt, vorzugsweise im RAW Format, da Focus Stacking Bilder oft und zum Teil stark bearbeitet werden müssen, kommt anschliessend die Stacking Software (z.B. Zerene Stacker) zum Einsatz.

Das fertig gestackte Bild sollte in höchster Auflösung und Farbtiefe gespeichert und bearbeitet werden.

Sehr interessant ist die Retusche. Da werden nicht nur kleine Verschmutzungen am Objekt entfernt, sondern ich setze mich über Stunden bei starker Vergrösserung mit dem Objekt auseinander und entdecke spannende Details.

Das beschriebene Setup ist gross und nicht für Aussenaufnahmen geeignet.
Inzwischen werden von einigen Herstellern Kameras angeboten, die eine Option für Kamerainternes Focus Stacking, mit Ausgabe des fertig gestackten Bildes, besitzen oder für das Herstellen einer Bildserie mit verlagertem Fokus geeignet sind. Diese Kameras eignen sich somit auch gut für Aussenaufnahmen mit Focus Stacking.

 

Focus Stacking ermöglicht mir, im Makro- und Mikrobereich nicht nur das wissenschaftlich Interessante zu zeigen, sondern auch die etwas verborgene Schönheit. Es macht Spass, auf Entdeckungs-Tour zu gehen.

Beispiele Focus Stacking

Das gestackte Bild der Hornisse mit Nikon D810, Rodenstock Rodagon 1:5.6 f=150mm, im Abbildungsmassstab von 2:1 bei Blende 5.6, besteht aus 199 Einzelbildern, im Abstand von 0.05mm. Jedes Bild besitzt eine Schärfentiefe von etwa 0.2mm. Die gesamte Tiefe des Bildes beträgt etwa 1cm.
Durch die hohe Zahl der Bilder kommt im gestackten Bild die Kernschärfe zur Wirkung.

Das Schmetterlingsschuppenbild mit Nikon D7100, Mikroskop Objektiv Nikon MPlan 60/0.70 ELWD, im Abbildungsmassstab von 60:1, besteht aus 582 Einzelbilder im Abstand von 0.0005mm (0.5µm), jedes Bild besitzt eine Schärfentiefe von etwa 0.001mm (1µm). Die gesamte Tiefe des Bildes beträgt etwa 0.3mm.
Ein Mehr an Aufnahmen würde ein etwas klareres Bild bewirken. Stackschritte unter 0.5µm sind aber mechanisch nur sehr schwer zu verwirklichen.

Schmetterlingsschuppen können vor Anfertigung der Bilder nur sehr sanft gereinigt werden, es ist einiges an Retusche nötig. Ebenfalls ist eine allgemeine Bildbearbeitung und das Entfernen der Stacking Artefakte am Bildrand unumgänglich. 
Das Bild zeigt Schuppen vom Papilio paradoxa, einem Tropischen Schmetterling.
Nikon D500 mit NIKON M Plan, 60/0.7 ELWD, 210/0. 
Stack aus 114 Einzelbildern im Abstand von 0.5µm."

 

Auf der Webseite von Kurt Wirz findest Du mehr Bilder und Infos zu seiner spannenden Arbeit. 
Wer sich für mehr Hintergrundinformationen interessiert, findet hier auch gleich die ausführliche Anleitung zum Thema Focus Stacking:

focus-stacking.ch

Im Juli stellt Kurt Wirz seine Aufnahmen in unserem Schaufenster aus. Einen Monat lang bietet sich die Möglichkeit, seine Bilder bei uns zu bestaunen!

Alle Bilder in diesem Blogbeitrag unterliegen dem Copyright von ©Kurt Wirz