Lars Wyder, Naturfotograf aus Bern, nimmt Dich mit in die Höhe der Bündner Berge. 
Bei eisiger Kälte konnte er die neue Vollformat Systemkamera, Canon EOS R, unter extremsten Bedingungen testen und berichtet hier über seine Erfahrungen: 

Mit der EOS R betritt Canon die Nische der Vollformat Systemkameras, die bisher hauptsächlich von Sony dominiert wurde. Aus diesem Grund habe ich das neue Modell mit dem Kitobjektiv RF 24-105mm f/4 IS getestet. Vorgehend muss ich erwähnen, dass ich überhaupt kein «Pixel-Peeper» bin, vermutlich da meine Arbeiten hauptsächlich auf Instagram publiziert werden.

Bei eisigen Temperaturen in den bündnerischen Bergen haben ein paar Freunde und ich kürzlich auf fast 3000 müM im Zelt übernachtet. Die gemessenen Temperaturen fielen auf -13°C, die gefühlten sogar auf -19°C (Übrigens war die Flasche in der Nacht im Zelt!).
Diesen Bedingungen wird meine reguläre Ausrüstung (Canon EOS 5d IV & EF 24-70mm f/2.8 II) regelmässig ausgesetzt, somit konnte ich einen direkten Vergleich herstellen. Folgend habe ich einige Pro und Contra Punkte zusammengestellt, sowie Beispielbilder der Canon EOS R angefügt.

Pro

Autofokus

Wow, ich könnte einen ganzen Artikel über dieses definitive „Pro“ verfassen! Man hört es aus aller Munde, aber er ist tatsächlich schnell und zwar nicht nur auf dem Fact Sheet. Die 5655 AF-Punkte werden in der Landschaftsfotografie zwar nicht wirklich benötigt, doch die grosse Abdeckung bis in die Ecken ermöglicht praktisches Fotografieren.

Hardware

Die EOS R fühlt sich in der Hand super an. Gerade DSLR Benutzer werden sich über den grossen Handgriff und die angenehme Gewichtsverteilung freuen. Auch ist die Kamera, wie gewohnt von Canon, sehr robust gebaut. Ich hatte absolut kein mulmiges Gefühl, sie in den Schnee oder auf eisige Felsen zu legen, obwohl es ein Leihmodel war. Gerade bei Sony habe ich immer Angst, das ausgeklappte Display könnte jeden Moment abbrechen.
Das klappbare Display ist natürlich ein weiteres Highlight der Kamera. Gerade im Vollformatbereich gibt es nicht viele Hersteller, die dies so gut umgesetzt haben. Das werde ich jetzt definitiv an meiner Canon EOS 5D IV vermissen.
Die Anordnung der Knöpfe, Räder und Schalter ist auch sehr gelungen. Wieso der On/Off Schalter aber nicht beim Auslöser platziert wurde wie bei Sony oder Nikon, ist mir nicht ersichtlich.

Software & Benutzerfreundlichkeit

Canon User werden sich in null Komma nichts im Menu zurechtfinden. Einige neue Funktionen muss man zuerst ausprobieren (Touch & Drag AF, Touchbar etc.) aber schon nach ein paar Minuten kann man diese Features nutzen. Für Neueinsteiger oder Systemwechsler wird das Leben einfach gemacht, da alles ist sehr übersichtlich und gut beschriftet ist.

Die Möglichkeit, praktisch jede einzelne Taste, Rad und Ring personalisieren zu können, wird gerade bei erfahrenen Foto- und Videografen auf Begeisterung stossen.

Akku

Der Akku hat mich sehr positiv überrascht. Es ist der gleiche, wie bei den meisten aktuellen Canon EOS Modellen, der LP-E6N, der sich auch in der EOS R sehr gut bewährt. Für das Einstellen der Kamera habe ich ca. 6% verbraucht. Nach dem gesamten Wochenende, bei Temperaturen deutlich unter - 10°C und knapp 1000 Auslösungen, waren immer noch 56% Akkuleistung vorhanden. Ich schätze mal, bei meiner 5D IV hätte ich unter den selben Bedingungen noch rund 70% zur Verfügung. Wenn man bedenkt, dass die EOS R spiegellos ist und man sie mit den Mark I und II Kameras der A7 Reihe von Sony vergleicht, kann man nur «Chapeau» sagen.

Bildqualität

Da will ich gar nicht zu viele Worte verlieren, die Bildqualität ist mit der Canon EOS 5D IV zu vergleichen. Hammer Sensor, die Canon Color Science und sogar noch ein bisschen bessere Low Light Performance. Die über 30 Megapixel gehören ja fast schon zum Standard bei neuen Kameras, ich bin aber trotzdem jedes Mal von den Korrekturmöglichkeiten in der Post-Produktion überrascht.

Objektiv

Das neue RF 24-105mm f/4 IS hat mich absolut begeistert. Der AF ist unglaublich schnell und auch die Bildqualität ist für ein Kitobjektiv überragend. Es kann locker mit meinem 24-70mm f/2.8 II mithalten, welches ich mithilfe des Adapters auf die EOS R montiert habe. Auch vor dem neuen Sony Pendant (FE 24-105mm f/4 OSS) muss es sich überhaupt nicht verstecken. Einzig bei Gegenlicht tauchen teils starke Lensflares auf, was jedoch üblich ist für Objektive dieser Art.



Contra

Auslöser

Meiner Meinung nach ist der Auslöser der EOS R sehr, sehr sensibel. Ich hatte grosse Mühe, den Unterschied zwischen Fokussieren und Auslösen zu finden, insbesondere mit Handschuhen. Eventuell kann man dies aber auch in den Einstellungen verändern, auf die Schnelle habe ich diese Funktion allerdings nicht gefunden. Ich kann jedem empfehlen, die Kamera zuerst einen Tag auszuprobieren, um sich selber eine Meinung bilden zu können.

Dies ist problemlos über zumirent.ch möglich.

Touchfunktionen

So sehr ich auch von den neuen Touchfeatures wie dem Touch & Drag AF oder der Touchbar beeindruckt bin, sind sie für meinen Verwendungszweck eher ungeeignet. Bei meinen Arbeiten in der Höhe oder in den kälteren Monaten des Jahres bin ich oft auf Handschuhe angewiesen. Da funktionieren diese neuen Features nicht mehr, leider auch nur bedingt mit Touchhandschuhen. Die einzige Lösung hierfür: die Nase (ich habe die Kamera natürlich gereinigt bevor sie ins zumirent.ch zurückgegeben wurde ;-))

Das Fehlen dieser Funktionen machte das Leben am Berg ziemlich schwer, da ich den Fokuspunkt nicht auf die Schnelle verschieben konnte (Touch funktioniert eben nicht und die 4-wege Taste ist zu klein und fummelig, um sie mit dicken Handschuhen zu bedienen). 

So kam es bei mir teilweise zu Fehlfokussierungen: 

 

Da ist der sogenannte Nippel bei der 5D IV deutlich einfacher zu bedienen. Zusätzlich sind die  Druckpunkte des Auslösers gut zu differenzieren, so dass es ohne weiteres Möglich ist, zu fokussieren und die Kamera danach noch zu bewegen.

Fazit

Die Canon EOS R mit dem Kit Objektiv ist eine ausgezeichnete Kombination für jeden, der sie unter normalen Bedingungen benutzt. Die neuen Features sind zwar gewöhnungsbedürftig, aber schon nach kurzer Zeit kann man ausgiebig davon profitieren, denn sie funktionieren wirklich wunderbar. Die Benutzung der Kamera mit dicken Handschuhen ist leider ein wenig schwierig, allerdings nicht unmöglich. Die Kälte kann ihr aber absolut nichts anhaben, da bin ich persönlich vor der Kamera an meine Grenzen gestossen. Auch für Neueinsteiger ist die Kamera sehr gut geeignet, da sie – wie typisch für Canon – den Einstieg in ein neues Kamerasystem sehr vereinfacht. Mit der neuen RF Objektivreihe will Canon eine sonst schon sehr gute Objektivkollektion mit hochqualitativem Glas ausbauen und aktualisieren. Ich erwarte in Zukunft viele spannende Neuigkeiten in dieser Richtung.

  

Lars Wyder

Instagram: @larswyder

www.larswyder.ch

 

 

 

 

Die Canon EOS R findest Du in unserem Onlineshop

& auf zumirent.ch